Caritas Luxemburg: „Immer mehr Menschen suchen Sozialläden auf, um Geld fürs Wohnen zu sparen“
Von Michèle Gantenbein, in Luxemburger Wort 2. Mai 2019
Lien vers le rapport 2018 de Caritas
Die jüngsten Meldungen über die soziale Lage in Luxemburg haben deutlich gemacht, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht und der Reichtum sich immer ungleicher verteilt. Trotz steigender staatlicher Sozialleistungen braucht es Hilfsorganisationen wie Caritas Luxemburg, um den Schwächsten in der Gesellschaft zu helfen.
Besonders bei der Suche nach einer Wohnung sind viele Menschen auf Hilfe angewiesen. Wie die Caritas gestern bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2018 in Esch/Alzette mitteilte, wird die Not der Menschen, eine adäquate Bleibe zu finden, von Jahr zu Jahr größer. Die Bereitstellung von Wohnraum war neben der Bekämpfung der Armut eine der nationalen Prioritäten der Caritas im vergangenen Jahr.
Die Hilfsorganisation hat ihr Angebot an sozialen Mietwohnungen im Rahmen der Gestion locative sociale um 31 Einheiten auf über 60 Wohnungen erweitert, dies dank zahlreicher Immobilieneigentümer, die bereit waren, ihre Wohnungen für eine erschwingliche Miete zur Verfügung zu stellen, ähnlich dem Prinzip der Agence immobilière sociale (AIS).
Integration von 120 Flüchtlingsfamilien
Im Rahmen des Projekts „Neien Ufank“, finanziert von der „Oeuvre Nationale de Secours Grande-Duchesse Charlotte“, unterstützte die Caritas 120 Flüchtlingsfamilien (396 Personen) bei ihrer Integration in die Luxemburger Gesellschaft.
Im Rahmen der Resozialisierung von ehemaligen Häftlingen plädiert die Caritas für sogenannte „Maisons de transition“, in denen die ehemaligen Gefangenen übergangsweise unterkommen, dies um zu verhindern, dass sie nach ihrer Freilassung auf der Straße leben und dort wieder in die Spirale aus Armut und Kriminalität abrutschen.
Ein besonderes Augenmerk gilt benachteiligten Kindern und Jugendlichen. Ziel ist es, ihnen mit unterschiedlichen Hilfsleistungen unter die Arme zu greifen und dafür zu sorgen, dass sie die Armuts- und Ausgrenzungsspirale durchbrechen und in ein besseres Leben finden. 2018 fanden 10 700 Kinder und Jugendliche bei den unterschiedlichsten Hilfsdiensten Unterstützung, von der Unterbringung in einer Struktur über die Teilnahme an Ferienkolonien bis hin zu psychologischer und schulischer Hilfe und Beratung.
22 000 Personen konnte die Caritas vergangenes Jahr in Luxemburg auf die eine oder andere Art helfen. Besonders in der Lebensmittelversorgung ist die Bedürftigkeit um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. 4 669 Personen (22 Prozent), darunter 1 313 Kinder unter 14 Jahren, suchten einen Caritas Buttek auf, um sich mit Grundlebensmitteln einzudecken und von dem auf diese Weise eingesparten Geld ihre Miete zu bezahlen. Knapp 2 700 Personen (zwölf Prozent) benötigten Hilfe bei der Suche nach einer Bleibe. Ebenso viele brauchten Hilfe bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Arbeit.
Caritas Luxemburg ist auch international aktiv. 2018 unterstützte die Hilfsorganisation rund 100 000 Menschen in 17 Ländern mit 12,6 Millionen Euro. Das meiste Geld floss in Projekte zur Unterstützung der Menschen im Kriegsland Syrien. Caritas hilft dort auch beim Wiederaufbau des Landes. Im Südsudan startet die Caritas in diesem Jahr neue Projekte im Bereich Lebensmittelsicherheit und im Laos hilft sie bei der ländlichen Entwicklung.
Die Herausforderungen für die Zukunft
Die Caritas ist besorgt über die sozial auseinanderdriftende Gesellschaft und appelliert an die Politik, gegenzusteuern, zum Beispiel in der Familienpolitik. Handlungsbedarf sieht die Hilfsorganisation unter anderem bei der Besteuerung von Alleinerziehenden, beim Kindergeld, beim Mindestlohn und beim Tiers payant généralisé. Um Kindern und Jugendlichen aus der Armutsspirale zu helfen, sei eine gute schulische und berufliche Ausbildung notwendig. Auch müsse der Staat in die Qualität der Kinderbetreuung investieren, damit alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft möglichst gleich gute Startchancen haben.
Ferner drängt die Caritas darauf, mehr Energie in die Bereitstellung von erschwinglichem Wohnraum zu stecken. Sie hatte den politischen Parteien vor den Wahlen 2018 eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet und hofft nun, dass einige davon auf positive Resonanz stoßen und von der Regierung umgesetzt werden.