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Einigung bei EU-Asylreform: So soll das EU-Asylsystem reformiert werden

Zeit online  20. Dezember

Jahrelang stritten die EU-Mitgliedsstaaten über ein Gesetzespaket, das Asyl und Migration regeln soll – nun gibt es eine Einigung. Welche Änderungen wurden beschlossen?

 

Einigung bei EU-Asylreform: Geflüchtete laufen durch die Außenstelle der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Hannover.
Geflüchtete laufen durch die Außenstelle der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Hannover. © Julian Stratenschulte/​dpa

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von einem “ganz wichtigen Beschluss”: Nach Jahren zäher Verhandlungen hat die EU-Kommission einen Durchbruch bei der Asylreform verkündet. Vertreter der Mitgliedsstaaten und des EU-Parlaments einigten sich auf ein Paket von fünf Gesetzestexten. Migration und Asyl sollen zukünftig strengen, EU-weit einheitlichen Regeln folgen.

Was genau beinhaltet die Reform des europäischen Asylsystems? Warum musste das System überhaupt reformiert werden? Und was sagen Menschenrechtsorganisationen zu dem Gesetzespaket? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:

Übersicht:

Warum wurde das EU-Asylsystem reformiert?

Bislang galten in den EU-Staaten unterschiedliche Asylregelungen. Ziel der Reform jetzt ist es also auch, die Gesetzeslage zu vereinheitlichen. Mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (Geas) soll ein EU-weit geltender Rahmen geschaffen werden, der Mindeststandards für die Behandlung von Asylsuchenden und die Bearbeitung ihrer Asylanträge festlegt.

Mit den Änderungen am Asylrecht will die EU zudem die Lehren aus den Jahren 2015 und 2016 ziehen. Damals waren die Hauptankunftsstaaten mit der hohen Zahl an Geflüchteten überfordert. Hunderttausende Menschen aus Ländern wie Syrien konnten unregistriert in andere Staaten weiterziehen. Allein nach Deutschland waren mehr als eine Million Menschen gekommen.

Die Initiative für eine Asylreform gab es bereits 2016. Damals schlug die EU-Kommission neue, EU-weit geltende Regeln vor. Die anschließenden Verhandlungen gestalteten sich jedoch sehr zäh. Länder wie Ungarn forderten noch schärfere Regeln. Nichtregierungsorganisationen äußerten hingegen die Sorge, dass die Menschenrechte nicht ausreichend geachtet würden.

Welche Änderungen beinhaltet die EU-Asylreform?

Ergebnis der Verhandlungen ist ein Paket mit fünf Gesetzestexten. Im Kern der Reform steht eine deutliche Verschärfung der EU-Gesetze zu Migration und Asyl. Asylverfahren sollen zukünftig nach einheitlichen Regeln an den EU-Außengrenzen stattfinden. Die strengeren Regeln könnten einen abschreckenden Effekt haben.

Insbesondere der Umgang mit Menschen, deren Herkunftsstaaten als relativ sicher gelten und die deshalb geringe Aufnahmechancen haben, soll härter werden. So ist geplant, dass sie an der Weiterreise gehindert und bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern an den EU-Außengrenzen untergebracht werden können. Im Falle einer Ablehnung sollen die Menschen von der Grenze aus abgeschoben werden können. Insgesamt sollen Abschiebungen in sogenannte sichere Drittstaaten erleichtert werden.

Eine weitere wichtige Änderung ist der sogenannte Solidaritätsmechanismus. Er regelt die Verteilung der Schutzsuchenden innerhalb der EU. Dadurch sollen die Hauptankunftsländer wie Italien oder Griechenland entlastet werden. Der Mechanismus ist zudem obligatorisch. Länder, die sich weigern, Geflüchtete aufzunehmen, müssen im Gegenzug andere Staaten unterstützen – vornehmlich finanziell.

Wurde die Reform des EU-Asylsystems bereits final beschlossen?

Nein. Bislang gibt es lediglich eine Einigung zwischen Unterhändlern des EU-Parlaments, der EU-Kommission sowie der 27 Mitgliedsstaaten. Gültigkeit erhält diese jedoch erst, wenn das Europaparlament und die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sie bestätigen. Allerdings gilt dieser Schritt als reine Formalität, die schon zeitnah erledigt werden soll.

Bis die neuen Grenzverfahren implementiert und alle Regelungen umgesetzt werden, dürften allerdings mehrere Jahre vergehen. 

Was ändert sich durch die EU-Asylreform für Deutschland?

Ein Ergebnis der Asylreform könnte sein, dass durch die Bearbeitung der Asylverfahren an den Außengrenzen in Zukunft weit weniger Asylanträge in Deutschland gestellt werden. Im Gegenzug verpflichten sich Deutschland und andere Staaten durch den Solidaritätsmechanismus jedoch dazu, Geflüchtete aus Ländern wie Italien und Griechenland aufzunehmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb zur Einigung in der Asylreform auf der Onlineplattform X: “Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind – auch Deutschland.”  

Werden die Forderungen der Bundesregierung zum Schutz von Familien umgesetzt?

Eine der wichtigsten Forderungen Deutschlands war es, Kinder und Familien aus humanitären Gründen von den Grenzverfahren auszunehmen. Diese Ausnahme ist nicht Teil der Einigung, die EU-Parlament und Mitgliedsstaaten erzielten. Somit können in Zukunft auch Familien mit Kindern an den EU-Außengrenzen aufgehalten und in Lagern untergebracht werden.