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tageblatt 9. Januar 2024

 

Einheimische und Zuwanderer folgen unterschiedlichen
Mustern, wenn es um die Wahl ihres Wohnorts in Luxemburg geht. Zu einer segregierten Gesellschaft führt das jedoch noch lange nicht.

Luxemburg ist eine vielfältige Gesellschaft. Aber einige Teile des Landes sind vielfältiger als andere. Das zeigt eine neue Studie, die das Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (Liser) vor wenigen Tagen in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg veröffentlicht hat. Um die geografische Verteilung von Einwanderern in Luxemburg zu analysieren, haben die Autoren die Bevölkerung in zwei Gruppen unterteilt: die im Ausland geborenen Zuwanderer und die in Luxemburg geborenen Einheimischen – unabhängig von der Herkunft ihrer Eltern.
Was Luxemburg von anderen europäischen Ländern unterscheidet: Jede luxemburgische Gemeinde hat einen signifikanten Anteil an Zuwanderern. Schließlich ist jeder zweite Einwohner Luxemburgs (49,3 Prozent) im Ausland geboren. Die Anteile schwanken jedoch von Gemeinde zu Gemeinde: Im ländlichen Kanton Redingen ist weniger als ein Viertel der Einwohner außerhalb des Großherzogtums geboren, in der Hauptstadt stellt diese Gruppe hingegen die deutliche Mehrheit (72,7 Prozent). Je städtischer die Umgebung, desto höher der Anteil an Zuwanderern an der Bevölkerung.
Integration braucht Zeit
Ein interessanter Faktor, der bei der geografischen Verteilung eine Rolle spielt, ist das Geburtsland der Zuwanderer. Franzosen leben vor allem im Süden und Zentrum des Landes, Belgier an der Grenze zu ihrem Heimatland – während die Deutschen sich weniger deutlich in Grenznähe sammeln. Die Portugiesen, größte Einwanderungsgruppe des Landes, konzentrieren sich bis heute in den einst industriell geprägten Gegenden im Süden und Nordosten des Landes. Hier macht die Studie eine interessante Beobachtung im Zeitverlauf: Während die portugiesische Präsenz im Nordosten im Jahr 1991, zwei Jahrzehnte nach Unterzeichnung des Abkommens zwischen Luxemburg und Portugal, bereits beträchtlich war, nahm sie im Süden des Landes erst allmählich zu – auf Kosten der Stadt Luxemburg. Zuwanderer aus dem Rest der EU zieht es vor allem in die Hauptstadt mit ihren europäischen Institutionen und internationalen Banken. Zuwanderer von außerhalb der EU, die Gruppe mit dem größten Wachstum, leben hauptsächlich in drei Städten des Landes (Luxemburg, Esch-sur-Alzette und Wiltz) und deren Umland. Ein möglicher Grund: die Lage der Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge.
Ein weiterer Faktor, den die Autoren in ihre Analyse einbeziehen, ist die Zeit, die Zuwanderer in Luxemburg verbracht haben. Hierbei weist die Stadt Luxemburg einen hohen Anteil (31,6 Prozent) an sehr kürzlich eingereisten Zuwanderern aus. Sie ist das „Einfallstor“ für Neuankömmlinge. Das ändert sich auch nicht unter Zuwanderern, die seit bis zu fünf oder zehn Jahre in Luxemburg leben: Die Hauptstadt und Esch-sur-Alzette bleiben Wohnort-Spitzenreiter. Eine sichtbare Verteilung auf das ganze Land lässt sich erst in der Gruppe derjenigen feststellen, die seit mehr als 20 Jahren im Großherzogtum leben. Das könnte, so die Autoren, mit der Migrationsgeschichte Luxemburgs zusammenhängen und den italienischen und portugiesischen Arbeitern, die sich zunächst im südlichen Bergbaugebiet und in den Gemeinden im Osten des Landes niedergelassen hatten.


Besonders im Hinblick auf soziale Kohäsion spielt die räumliche Verteilung von Migranten eine bedeutende Rolle. Viele Studien weisen darauf hin, dass eine hohe Konzentration von Zuwanderern die Einstellung von Einheimischen gegenüber Migration beeinflussen kann – im Positiven wie im Negativen. Ein Bild, das in diesem Zusammenhang immer wieder bemüht wird, ist das von ethnisch homogenen Nachbarbarschaften, in denen Zuwanderer getrennt von Einheimischen leben. Um zu untersuchen, ob sich einheimische und zugewanderte Einwohner in Luxemburg gleichmäßig verteilen oder doch räumlich getrennt voneinander leben, haben die Autoren der Liser-Studie einen Index berechnet, der Anteile von Einheimischen und Zuwanderern in jeder Quadratkilometer-Zelle des Landes ins Verhältnis setzt. Das Ergebnis: Das Ausmaß der räumlichen Segregation zwischen Einheimischen und Zuwanderern ist in der überwiegenden Mehrheit der luxemburgischen Gemeinden weiterhin gering – ganz besonders im breiten Gürtel des Landes vom Kanton Capellen über Luxemburg-Stadt bis zum Kanton Grevenmacher. Die größte räumliche Vermischung mit einheimischen Luxemburgern weisen in Portugal geborene Einwohner auf, gefolgt von Staatsangehörigen aus nicht-europäischen Ländern. Auch ein weiterer Faktor spielt eine entscheidende Rolle: Mit zunehmender Aufenthaltsdauer nimmt der Index der räumlichen Segregation ab. Integration braucht Zeit.