Vom Flüchtling zum Friseur
Die Caritas stellt den Syrien-Konflikt und seine Folgen in den Mittelpunkt ihres Jahresberichts
Luxemburger Wort 1. Juni 2017
“Als sie ihren Informationsstand auf der Braderie in Diekirch abbauen wollten, merkten die Verantwortlichen der Caritas, dass einer der Flüchtlinge, die sich an der Aktion beteiligt hatten, fehlte. Des Rätsels Lösung war so verblüffend wie erfreulich: Der Iraker absolvierte gerade in einem Friseursalon in der Nähe ein Einstellungsgespräch.
Doch der Reihe nach. Ursprünglich wollten die Mitarbeiter der Caritas mit ihrem Stand lediglich über ihre Arbeit informieren. Drei Asylbeweber, die in der Auffangstruktur der Caritas leben, wollten sich beteiligen und erklärten sich bereit, die Passanten von ihren Fähigkeiten zu überzeugen: Mitten auf der Straße konnten sich die Besucher der Braderie die Haare schneiden lassen, auch die Bärte der Männer wurden auf Wunsch fachgerecht in Fasson gebracht. Der Zuspruch war – nach anfänglichem Zögern angesichts der eher ungewöhnlichen Aktion – groß und die „Kundschaft“ äußerst sich zufrieden. Und auch die Friseurmeisterin war offensichtlich vom Können der „Konkurrenz“ überzeugt. Spontan bot sie einem der drei „Straßenfriseure“ einen Job an!
Ein Musterbeispiel der Integration
Für Marie-Josée Jacobs ist die ungewöhnliche Geschichte ein Musterbeispiel für gelebte Integration: „Wenn wir uns gegenseitig erst einmal kennenlernen, geht vieles einfacher“, erklärte die Caritas-Präsidentin gestern bei der Präsentation des Jahresberichts. Mit der Unterbringung von Flüchtlingen sei es nicht getan: „Die Menschen brauchen Perspektiven. Sie brauchen einen Arbeitsplatz und sie brauchen eine Wohnung“, so die Vorsitzende. Die diversen Projekte der Caritas sind daher darauf ausgerichtet, dass die Flüchtlinge so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen können. ”
Luxemburger Wort vom Donnerstag, 1. Juni 2017