Abbruchreife Schande 

FOYER DON BOSCO Ende 2023 soll die Flüchtlingsunterkunft geschlossen werden

Claude Molinaro tageblatt 24 März 2023
Kaputte Toiletten und kalte Duschen auf dem Hof: Das Flüchtlingsheim Foyer Don Bosco auf dem Limpertsberg ist schon seit Jahren in einem desolaten Zustand. Schon 2015 wurde es als „Schande des Landes“ bezeichnet. Ende des Jahres soll es nun wegen der allgemeinen Verwahrlosung geschlossen werden.
Laut Architekten-Expertise sei es nicht möglich, Arbeiten am Gebäude ohne größeren Aufwand durchzuführen, deshalb werde die Unterkunftsstruktur für Flüchtlinge Foyer Don Bosco am Ende des Jahres wegen der schlechten allgemeinen Bedingungen geschlossen, antwortete das „Office national de l’accueil“ (ONA) auf eine entsprechende Anfrage des Tageblatt.
Mit den „Bedingungen“ sind kaputte Toiletten und kalte Duschen im Hof gemeint. Einige Bewohner wollten ihre Lebensumstände in der Unterkunft nicht weiter hinnehmen und schrieben Mitte Februar einen Brief an das ONA, auf den sie allerdings auch nach mehreren Wochen keine Antwort erhalten haben. Obwohl sie mehrere Male die Mitarbeiter des Roten Kreuzes, das sich um die sozialen Belange der Flüchtlinge kümmert, um Hilfe gebeten hätten, sei bis dato nichts geschehen. In dem in Englisch geschriebenen Brief beschweren sich die Betroffenen, dass sich momentan vor allem um „eine bestimmte Gruppe von Flüchtlingen“ gekümmert werde, doch auch die Bewohner des Foyer Don Bosco hätten menschliche Grundbedürfnisse. In dem Brief flehen sie die Verantwortlichen des ONA quasi an, ihnen endlich Gehör zu schenken. „Wir flohen vor Krieg, verloren unsere Familien, Freunde und Wohnungen. Wir bitten um nichts mehr und weniger, als Gleichbehandlung in Sachen Menschlichkeit und Menschenrechten.“
Laut ONA sind im Foyer Don Bosco keine ukrainischen Flüchtlinge untergebracht, doch hätten alle Flüchtlinge die gleichen Rechte und würden auch gleich behandelt.
Menschlichkeit sei ein anderes Problem, nebst kaputten Toiletten und kalten Duschen auf dem Hof, sagte uns ein Flüchtling, den wir vor dem Gebäude trafen. Die Sicherheitsbeamten würden sich aufführen, als seien sie Generäle, meinte der Mann. „Uns wurde sogar gedroht: Falls wir uns beschwerten, würden wir rausfliegen.“

Respekt

„Wenn sich Leute beschweren, werden sie nicht vom ONA auf die Straße gesetzt“, schreibt das Flüchtlingsbüro in seiner Stellungnahme. Die Menschen könnten sehr wohl ihre Beschwerde in der Struktur abgeben, entweder bei der Sicherheitsfirma, beim Roten Kreuz, oder beim ONA. Etwaige Einschüchterungen werden nicht kommentiert, sondern es wird darauf hingewiesen, dass die Bewohner Grundregeln des Zusammenlebens einhalten müssen, und dass dem Personal Respekt gezollt werden muss. Dass auch das Personal den Bewohnern gegenüber Respekt zeigen muss, wird nicht erwähnt. So sagte uns der oben erwähnte Mann, dass ein Sicherheitsmann einige Bewohner als „arabische Terroristen“ beschimpft habe. „Und für all das muss ich auch noch 640 Euro Miete im Monate zahlen“, erzürnte er sich.
Das von uns kontaktierte Rote Kreuz, welches für die Betreuung der Menschen zuständig ist, verweist auf das ONA, das für die Strukturen verantwortlich sei. Dieses bestätigt, dass sich das Gebäude in der Tat in einem desolaten Zustand befindet. Im Haus befänden sich neun Toiletten und fünf Urinale, davon funktionierten sieben nicht. Die Toiletten seien oft verstopft, weil die Leitungen nicht mehr den aktuellen Normen entsprächen. Deshalb wurden Container mit zehn Toiletten und vier Urinalen vor dem Foyer installiert. In dem Gebäude waren laut ONA zum 20. März 88 Personen untergebracht.
Dass das Heim nun geschlossen werden soll, wurde allerdings schon ein paar Mal angekündigt. 2015, als das Heim „Lily Unden“ eröffnet wurde, hatte man sich schon auf seine baldige Schließung gefreut. Von den damals anwesenden Ministern François Bausch und Corinne Cahen wurde das Gebäude als „eine Schande für unser Land“ und als „Schrott“ bezeichnet. 2018 war es Christof Müller, Direktionsbeauftragter des Roten Kreuzes und Verantwortlicher der Abteilung „Migrants et Réfugiés“, der in einem Beitrag im Le Quotidien abermals die Schließung des Heims zum Ende des Jahres ankündigte. Auch damals waren schon Duschen vor dem Haus aufgestellt worden.
Wo die Bewohner des Don Bosco nach dessen Schließung untergebracht werden sollen, steht noch in den Sternen, es werde noch „analysiert“ und „nach Lösungen gesucht“. Und dass auch Bewohner solcher Strukturen beim Staat Miete zahlen müssen, wird damit erklärt, dass Menschen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde, sich eben an den Unterkunftskosten beteiligen müssen.
Das Haus ist schon seit Jahren kaum noch bewohnbar
Betreuung oder Überwachung?
Auf 190 Millionen Euro veranschlagt das Ministerium für Einwanderung und Asyl die Finanzierung des Wachdienstes in den vom ONA verwalteten Flüchtlingsstrukturen für die Jahre 2021 bis 2027. Ein diesbezüglicher Gesetzentwurf wurde Anfang des Jahres eingereicht. Laut offizieller Argumentation ist die Beaufsichtigung ein unerlässliches Element, um die Sicherheit der Flüchtlinge zu gewährleisten und die Einhaltung der Rechte und Werte zu unterstützen, die das Zusammenleben in einer Gemeinschaftsunterkunft voraussetzt. 
Kritik an der oben genannten Summe kommt vom „Lëtzebuerger Flüchtlingsrot“ (LF). 737 Wachleute sorgten rund um die Uhr für die Sicherheit der rund 5.500 Personen, die in den Einrichtungen des ONA untergebracht sind, schreibt der LF in einer Mitteilung. Das Wachpersonal kontrolliere den Zugang zu den Unterkünften und sorge u.a. für die Einhaltung der internen Ordnungsvorschriften in den 70 Strukturen des ONA. 
Im Vergleich mit den 1,5 Millionen Euro, die für die Finanzierung von Projekten zur Integration von Flüchtlingen (z.B. „Contrat d’accueil et d’intégration“ und „Parcours d’intégration accompagné“) im Staatshaushalt 2023 vorgesehen sind, handele es sich bei dem Geld für die Bewachung um eine „astronomische Summe“. Der LF verstehe zwar das Bestreben des ONA, eine gute Verwaltung seiner Flüchtlingseinrichtungen zu gewährleisten, stellt sich jedoch die Frage nach dem Nutzen eines solchen finanziellen Aufwands. Stattdessen wäre es besser, Geld in Integration und individuelle psychologische und sozialpädagogische Betreuung zu investieren.