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Notre humanité sombre en Manche

Notre humanité sombre en Manche

Christine Pedotti   Témoignage chrétien  2 décembre 2021

Le drame de la noyade de vingt-sept personnes, femmes, hommes et enfants entre les côtes française et anglaise nous donne envie de pleurer. Nous savions pourtant que cela allait arriver ; nous savons que cela arrivera de nouveau. Nous savons aussi que les conditions de survie à proximité des lieux d’embarquement sont épouvantables et inhumaines. Et pourtant, à part pleurer, crier, nous indigner, nous ne savons pas ce qu’il faut faire.

Nous nous sommes fait récemment l’écho dans nos colonnes des trois personnes qui étaient en grève de la faim pour protester contre les exactions des forces publiques françaises qui détruisent les campements de fortune. Mais nous savons aussi que la constitution de camps assurant des conditions de vie moins inhumaines aux abords d’une mer que les autorités de part et d’autre veulent maintenir aussi infranchissable qu’un mur n’est pas une solution non plus… Nous avons également compris que les accords du Touquet, qui déplacent la frontière britannique sur la côte française, aggravent l’impasse dans laquelle nous sommes. Et nous voyons bien que Boris Johnson profite allégrement de la situation pour asseoir la légitimité d’un Brexit qui commence à coûter très cher à ses concitoyens. Nos cris, notre indignation s’opposent en vain au cynisme politique, qui s’appuie des opinions publiques qui partout en Europe redoutent l’afflux de populations réputées inassimilables et nourrissent des fantasmes de remplacement et de destruction de notre modèle culturel.

Et puis, il y a Maryam, une jeune femme kurde de 24 ans qui voulait rejoindre son fiancé, résident légal au Royaume-Uni. Sur les photos qu’elle a postées sur les réseaux sociaux avant son départ, elle est belle comme un soleil, resplendissante de bonheur et d’espoir. Elle croit qu’elle a la vie devant elle. Sauf que le Royaume-Uni a fermé sa frontière ; bien qu’elle ait un visa italien, elle ne peut traverser. L’amour fait des miracles, croit-elle, et, par un jour sombre de novembre, sans crainte, elle embarque sur un frêle esquif et prévient son amoureux qu’elle arrive. La Manche sera son tombeau ; une histoire belle et tragique comme un livret d’opéra.

Combien faudra-t-il de Maryam pour provoquer un sursaut d’humanité ?

L’exception luxembourgeoise

Au Grand-Duché, selon les chiffres de l’OCDE,
la population est constituée pour 48 pour
cent de personnes nées à l’étranger (dont un
quart au Portugal). Leur nombre a connu une
augmentation de 53 pour cent en dix ans. Leur
contribution budgétaire a atteint le niveau
exceptionnel de 7,64 pour cent du PIB, cinq fois
plus que la moyenne de l’OCDE sur la période
2006-2018. Le pays classé deuxième, l’Australie,
n’affiche que 3,46 pour cent. Le Luxembourg
est aussi le seul pays (sur 25) où la contribution
des immigrés est supérieure à celle des natifs
(4,47 pour cent seulement). Après affectation
des coûts indirects, la contribution reste positive
de 2,81 pour cent (meilleur chiffre des 25 pays
étudiés) alors que celle des natifs est négative de
3,92 pour cent. Comme ses voisins les Pays-Bas
et la Belgique, le Luxembourg n’a enregistré
qu’une baisse relativement modeste des entrées
permanentes en 2020 (-15,5 pour cent). Il a
accueilli 19 100 personnes contre 22 600 en 2019,
année record, et retrouve le niveau de 2014. gc

Letzebuergr Land 11.11. 2021

„Alles ist möglich“

Der Karatekämpfer Muhannad Al-Ali flüchtete aus Syrien und will Luxemburg international vertreten

tageblatt 6. November 2021

Claude Molinaro

 

Aus einem mittellosen Flüchtling, der im September 2015 im Hauptbahnhof eintraf, ist ein luxemburgischer Staatsbürger mit einem Bachelor-Abschluss der hiesigen Uni geworden. Nun träumt Muhannad Al-Ali davon, auf sportlicher Ebene internationale Erfolge für Luxemburg zu erringen.

„Dieses Mal haben wir ihn noch laufen gelassen, das nächste Mal bringen wir ihn um“ – ein Satz, der Muhannad Al-Alis Leben veränderte. Sicherheitsbeamte des syrischen Präsidenten Assad hatten ihn für vier Stunden festgehalten, als Warnung für seinen Vater, der sich gegen das Regime entschieden hatte. Nach Erhalt der Botschaft reagierte der Vater, Ahmed Jamil Al-Ali, sofort, und schickte seinen ältesten Sohn ins Ausland, in den Libanon.

Muhannad Al-Ali wurde 1995 in Al-Raqqah, einer Kleinstadt im Norden Syriens, 160 Kilometer östlich von Aleppo, als der Älteste von fünf Geschwistern geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in der Hauptstadt Damaskus. Der Kampfsport wurde Muhannad buchstäblich in die Wiege gelegt, da sein Vater, der u.a. Karate-Nationaltrainer der syrischen Armee war, ihn von früh auf trainierte. Stolz zeigt er ein Foto, auf dem er als Kleinkind zu sehen ist, das einen Karateschlag vorführt.

Durch die Stellung des Vaters führte die Familie das angenehme Leben der gehobenen Mittelschicht. Der Junge besuchte ein klassisches Lyzeum, wo er etwas Französisch und Englisch erlernte, was sich später als nützlich erweisen sollte. Das sorgenfreie Leben sollte jedoch ein Ende haben, als sich sein Vater kritisch gegenüber dem Assad-Regime äußerte.

Frühe Erfolge

Sehr früh errang Muhannad nationale und internationale Erfolge. Kurz nach seiner Rückkehr von der  Juniorenweltmeisterschaft aus Russland habe sein Vater die ersten Drohungen bekommen. Der erste konkretere Einschüchterungsversuch des Regimes sollte nicht lange auf sich warten lassen. „Ich studierte erst eine Woche an der Universität, als ich auf dem Nachhauseweg von Sicherheitsbeamten abgefangen wurde. Sie stoppten das Taxi, in dem ich saß, kontrollierten meine Papiere und befahlen mir, mit ihnen zu gehen. Da sie keine Uniformen trugen, wusste ich nicht sofort, was los war. ‚Warum?’, wollte ich wissen. ‚Stellen Sie keine Fragen’, lautete die kurze Antwort. Es kam zu einer kurzen Rangelei. Ich bekam einen leichten Schlag und wehrte mich. Der Beamte zuckte seine Kalaschnikow und machte mir klar, ich solle ruhig sein. Später stellte sich heraus, es war nicht der Geheimdienst oder die Polizei, sondern der Dienst, der für die persönliche Sicherheit des Präsidenten verantwortlich ist.“

Vier Stunden sei er festgehalten worden, getan habe man ihm nichts. „Es war eine Botschaft an meinen Vater: Sie wollten ihm Angst machen.“ Dann folgte der Anruf, der das Leben der Familie veränderte: dass Muhannad das nächste Mal getötet werde.

Der Vater reagierte sofort und schickte seinen Sohn nach Beirut. Drei Wochen lebte dieser dort allein, dann folgte ihm sein Vater, der Rest der Familie flüchtete vorerst zu der Familie der Mutter in Syrien. Wenig später fuhr der Vater mit dem Auto zurück, um auch sie herauszuholen. Doch lange sollte der Aufenthalt in Beirut nicht dauern. Nach vier Monaten erhielt der Vater einen Anruf eines Freundes aus der Heimat: „Du musst fliehen. Jetzt. Es sind Leute unterwegs, um dich und deine Familie zu töten.“

Sofort nach dem Anruf hat er die Flucht in die Türkei organisiert, noch in derselben Nacht brachen sie auf. Das sei Ende 2013 oder Anfang 2014 gewesen, an das genaue Datum kann sich Muhannad nicht mehr erinnern. „Mir war klar: Solange Assad an der Macht ist, werde ich Syrien nicht wiedersehen.“

Von Istanbul ging es weiter nach Sanliurfa, im äußersten Süden der Türkei, wo ein Cousin des Vaters wohnt. Die Flucht von Ahmed Jamil Al-Ali hatte in der arabischen Welt für einiges Aufsehen gesorgt. Am 21. Juni 2013 gab dieser ein Interview im TV-Sender Al Jazeera. In der Türkei baute er ein Karateteam des „freien“ Syriens auf. Mit diesem nahm Muhannad 2014 an der Shotokan-Weltmeisterschaft im Kosovo teil, die er in seiner Kategorie gewinnen konnte. Nach seinem Sieg präsentierte er sich mit der Flagge der syrischen Opposition.

Muhannad Al-Ali zeigt die Flagge der syrischen Opposition bei der Weltmeisterschaft 2014 in Pristina, Kosovo

In der neuen Heimat Türkei lief zunächst alles gut. Er wollte studieren, doch die Universität in Ankara habe plötzlich eine hohe „Einschreibegebühr“ verlangt. Da habe er beschlossen, sein Glück in Europa zu suchen. Er hätte es ohne Weiteres auf einem anderen Weg schaffen können, doch dann, am 3. September 2015, ging ein Bild um die Welt, das schockierte: das Foto des dreijährigen Alan Kurdi, der tot an einem türkischen Strand lag. Muhannad und sein Bruder Mohammad wollten herausfinden, was die zahllosen Bootflüchtlinge erlebten.

Balkanroute nach Luxemburg

Irgendwann im Sommer 2015 verließen die Brüder die Türkei. Das Endziel: Luxemburg. Als Sportler hatten sie Leute von luxemburgischen Klubs kennengelernt, die ihnen vorgeschlagen hatten, hierherzukommen. Die erste Etappe war die Fahrt über das Meer zu der griechischen Insel Leros, 20 Meilen vor der türkischen Küste. Für die eineinhalb Stunden Fahrt in einem Schlauchboot zahlten die zwei Brüder den Schleppern 1.500 Dollar pro Kopf. Nach 1,5 Stunden erreichten sie Leros, von wo aus sie eine Überfahrt auf einer Fähre nach Athen buchten. Von dort ging es weiter über Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich und Deutschland nach Luxemburg. Ab Budapest fuhren sie fast nur noch mit dem Zug. Rund zehn Tage dauerte die Reise auf der sogenannten „Balkanroute“.

An den Tag der Ankunft in Luxemburg erinnert sich Muhannad sehr gut: „Es war am 13. September 2015. Ich hatte das Gefühl, wieder atmen zu können, als mein Bruder und ich im Bahnhof ankamen.“ Sie gingen sofort zur Bahnhofspolizei, wo sie um politisches Asyl baten. Auch an die ersten Worte, die er zu den Polizisten gesagt hat, kann er sich erinnern: „Hello, I speak a little english and very little french, I want to be a refugee in Luxembourg.“

Man schickte sie ins Don-Bosco-Heim auf Limpertsberg, unweit des dortigen Uni-Campus. Nach zwei Wochen mussten sie ins Flüchtlingsheim nach Burscheid umziehen. Dort musste er sich mit seinem Bruder ein sehr kleines Zimmer teilen. Doch vor allem nahm der Weg nach Differdingen zum Karatetraining zu Fuß und mit dem öffentlichen Transport jedes Mal drei Stunden hin und drei Stunden zurück in Anspruch.

Während seiner Zeit in Burscheid lernte er u.a. Yves Schmidt, Mitglied des Direktionskomitees der Caritas, kennen. Dieser beschreibt Muhannad als einen sehr dynamischen Menschen: „Er weiß, was er will, er wartet nicht, bis jemand etwas für ihn tut, sondern tut es so weit wie möglich selbst.“ Schmidt bezeichnet seinen Schützling als sehr lebensfroh, weltoffen und an vielem interessiert. Den Kopf hängen zu lassen, sei alles andere als seine Art. „Er hat es u.a. geschafft, in kürzester Zeit Luxemburgisch und Deutsch zu lernen. Manchmal sage ich zu ihm, er soll nicht zu viel tun“, sagt Schmidt lachend.

Hin und wieder arbeitet Muhannad für die Caritas, u.a. gibt er Flüchtlingskindern Nachhilfe in Mathematik und Physik und hilft anderen Asylbewerbern bei Übersetzungen und Behördengängen. Und er entdeckt in Luxemburg eine andere Leidenschaft: das Unterrichten. In Burscheid lernt er eine Person kennen, die er selbst als „seinen Engel“ bezeichnet: Als er vor Verzweiflung und Perspektivlosigkeit Luxemburg verlassen will, kontaktiert ihn Eryn Zander, die Gründerin von Sportunity (siehe auch unseren Artikel vom 16.10.2021), die Sportler für ihre Organisation suchte. Seitdem gibt er regelmäßig gratis Karatetraining bei der Vereinigung. „Er ist ein Beispiel für andere Asylsuchende und zeigt, dass alles möglich ist“, sagt Zander.

Höhen und Tiefen

Doch mit seiner Flucht nach Luxemburg wurde seine Sportlerkarriere erst einmal ausgebremst. Es gab auch positive Erinnerungen: 2016 trat er mit seinem Bruder bei der Weltmeisterschaft in Linz u.a. für ein Flüchtlingsteam an. Auf der Webseite des Karate-Dachverbands WUKO wird er mit folgenden Worten zitiert: „Für uns ist Karate die einzige Möglichkeit zu kämpfen, die einzige Möglichkeit, unserer Situation zu entkommen. (…) Vielleicht haben wir verloren, vielleicht haben wir gewonnen, das ist nicht wichtig. Was zählt, ist, dass wir hier sind.“

Doch er erzählt auch von Benachteiligungen bei Turnieren, wo er trotz Überlegenheit nicht gewinnen „durfte“. Als Beweis zeigt er auf seinem Handy das Video einer seiner Kämpfe. „Ein belgischer Schiedsrichter war nicht mit den Entscheidungen seiner Kollegen einverstanden und hat protestiert. Er kam zu mir und sagte: ,You are a champion, there will be a time you will prove that.’“

Auch menschlich hat es einige Enttäuschungen gegeben, da er nicht immer die Hilfe erhielt, die ihm versprochen worden war. Im September wurden er und sein Bruder für kurze Zeit obdachlos: Sie wollten nicht mehr in Burscheid bleiben, u.a. wegen des langen Weges zum Training ins Zentrum. Sein Bruder kam bei Freunden unter, er selbst im „Centre de primo-accueil“ in der Luxexpo The Box. Später bekamen sie von der Gemeinde Differdingen eine Notunterkunft in Lasauvage, nachher eine Wohnung in Differdingen.

Mittlerweile hat sich das Blatt für Muhannad Al-Ali gewendet. 2017 fing er mit seinem Studium-Bachelor IT in Belval an, 2020 erhielt er sein Diplom und hat nun auch beruflich ein konkretes Ziel: sein eigenes IT-Unternehmen zu gründen.

Außerdem hat er einen neuen Verein gefunden. Da er vor ein paar Monaten die luxemburgische Staatsbürgerschaft erhalten hat, ist es nun sein großer Wunsch, Luxemburg bei internationalen Wettkämpfen zu vertreten. „Ich muss es jetzt tun. Da ich schon 26 Jahre alt bin, kann ich nicht mehr lange warten.“

Sein Ziel, Luxemburg im kommenden Mai bei den Europameisterschaften in der Türkei zu vertreten, ist in greifbare Nähe gerückt: Am Mittwochabend nahm er an seinem ersten Training mit der Nationalmannschaft teil. Und die Aussichten sind gut: „Wir sind sehr optimistisch“, sagt Ulrich Nelting, der Sprecher des Karateverbandes, dem Tageblatt gegenüber.

Das Diplom von Muhannad Al-Ali, der 2014 Shotokan-Weltmeister wurde Foto: Muhannad Al-Ali

Ausbaufähige Integration

Ausbaufähige Integration

ANNETTE WELSCH – LUXEMBURGER WORT 25. August 2021  Editorial

Es sind Bilder einer furchtbaren Verzweiflung, die den Westen erreichen, wenn Menschen sich an Flugzeuge klammern, um Afghanistan noch rechtzeitig verlassen zu können. Menschen, die sich trotz 20 Jahren Krieg und vieler Fehler der westlichen Alliierten die Hoffnung machten, in Freiheit, Würde und Gleichheit, mit Bildung und Chancen ein akzeptables Leben in ihrem Land führen zu können. Sie flüchten vor der Taliban-Diktatur und ihrer strengen Scharia, vor einem drohenden Bürgerkrieg, aber auch vor einer schweren Dürre und Hungersnot.

(…)

Afghanistan : éviter une nouvelle crise de l’asile

« Afghanistan : éviter une nouvelle crise de l’asile », par François Gemenne

TRIBUNE. « Abasourdi » par les propos d’Emmanuel Macron, le spécialiste des migrations estime qu’il est urgent d’organiser l’exil de ceux qui fuiront le régime des talibans.

Par François Gemenne (chercheur)

Des personnes évacuées d’Afghanistan arrivent à Melsbroek, en Belgique. (ISOPIX/SIPA)
Des personnes évacuées d’Afghanistan arrivent à Melsbroek, en Belgique. (ISOPIX/SIPA)

A l’heure actuelle, il est encore difficile de dire combien d’Afghans et d’Afghanes voudront fuir le régime des Talibans – et surtout combien d’entre eux les Talibans laisseront quitter le pays. Certains, dans les cercles européens, évoquent le chiffre d’un demi-million. Et déjà, on sent les dirigeants européens tétanisés par le spectre d’une nouvelle crise de l’asile, semblable à celle des réfugiés syriens, entre 2014 et 2016.

Les terribles images de chaos à l’aéroport de Kaboul rappellent à quel point la fuite du pays est souvent une question de vie ou de mort : certains ont désespérément tenté de s’accrocher à des avions qui décollaient, tandis que d’autres ont confié leur enfant à des soldats américains pour qu’ils les emmènent hors du pays. Vu d’Europe, il est difficile d’imaginer le désespoir et la peur qui poussent certains à laisser leur vie ou leur enfant dans l’espoir d’un exil.

Dans ce contexte, l’allocution du président de la République du 16 août dernier a beaucoup choqué, en France comme à l’étranger. Comme beaucoup, j’ai été abasourdi d’entendre Emmanuel Macron utiliser – à deux reprises – les termes de « flux migratoires irréguliers » pour qualifier l’exil de celles et ceux qui voulaient échapper au régime des Talibans. J’ai été honteux de l’entendre employer le verbe « protéger » dans sa forme réflexive, comme si c’étaient les Français qui étaient en danger, et non les Afghans.

L’Europe n’a-t-elle rien appris de la crise de 2015 ?

Si l’asile reste à ce point associé à un risque de déstabilisation, ce n’est pas seulement parce que le président espère ainsi flatter un certain électorat : c’est aussi parce que l’Europe n’a rien appris de la crise de l’asile qui l’a déchirée il y a six ans, et qui a laissé des milliers de réfugiés syriens périr en mer, et des millions d’autres aux portes de l’Europe. Il existe pourtant des moyens qu’il est possible de mobiliser pour organiser l’asile, et pour protéger le plus grand nombre possible de celles et ceux qui veulent quitter l’Afghanistan.

La priorité est évidemment d’évacuer un maximum de personnes, et en priorité celles et ceux dont la vie est la plus directement menacée, tant que cela est encore possible. Le personnel de l’ambassade de France à Kaboul, sous la houlette de l’ambassadeur Martinon, s’y emploie activement, avec une détermination qui confine souvent à l’héroïsme. Mais la coordination internationale fait défaut, et des avions décollent encore avec des sièges vides, alors que des milliers de personnes s’entassent à l’aéroport dans l’espoir de pouvoir décoller. Une meilleure coordination des listes de personnes à évacuer entre pays occidentaux permettrait de remplir les avions au maximum, et d’accélérer les opérations d’évacuation. Le temps est compté.

Dans un deuxième temps, il importera d’organiser l’exil de celles et ceux qui voudront fuir le régime. On pourra donner raison au président lorsqu’il déclare que « l’Europe ne peut pas, à elle seule, assumer les conséquences de la situation actuelle ». Mais si l’Europe ne prend pas sa part à l’organisation de l’asile, alors ce sont les passeurs qui s’en chargeront. Plusieurs moyens peuvent être mobilisés pour cela : la directive européenne sur la protection temporaire doit être activée immédiatement, pour protéger sans attendre les Afghans menacés. Un programme de visas humanitaires peut être déployé pour accueillir ceux qui ont accès à une ambassade, notamment dans les pays voisins. Une initiative européenne ou internationale peut être mise en place pour répartir les réfugiés afghans dans différents pays et organiser un programme de relocalisation : la Canada ou le Royaume-Uni ont déjà annoncé qu’ils étaient prêts à accueillir un certain quota de réfugiés. Il importe d’organiser dès maintenant des voies légales et sécurisées pour l’accueil des Afghans qui voudront fuir le régime, avant qu’ils ne se jettent eux-mêmes sur les routes de l’exil. L’Europe peut prendre l’initiative d’une telle organisation : si elle ne le fait pas, c’est alors qu’elle risque de se retrouver avec une situation dramatique à ses frontières, avec son lot de drames et d’insécurité.

Ne pas fermer les yeux sur ce qui se passe à Calais

Mais le débat ne peut se cantonner à ceux qui sont toujours en Afghanistan, et doit s’élargir aux exilés qui se trouvent déjà sur le territoire français : nous ne pouvons pas regarder uniquement vers Kaboul en fermant les yeux sur la situation à Calais ou aux portes de Paris. En 2020 déjà, l’Afghanistan était le premier pays d’origine des demandeurs d’asile en France. Il y a urgence à faciliter et à accélérer le regroupement familial des réfugiés afghans en France, et dont la famille se trouve encore en Afghanistan. Les « dublinés » afghans ne peuvent plus être reconduits dans des pays qui pratiquent encore des expulsions vers l’Afghanistan. Il importe de trouver également des solutions de protection pour ceux qui ont été déboutés du droit d’asile au cours des dernières années. Enfin, un accord doit être trouvé avec le Royaume-Uni pour qu’il accepte d’accueillir ceux qui ont fui avant la prise de pouvoir par les Talibans, et qui attendent désespérément de pouvoir passer en Angleterre : il serait incompréhensible que le Royaume-Uni accepte d’accueillir ceux qui viennent directement de Kaboul, mais refuse ceux qui sont à Calais depuis des mois et des années. Les Afghans qui se trouvent sur notre territoire doivent être protégés et accueillis : leurs tentes sont encore régulièrement lacérées, leurs camps de fortune régulièrement démantelés.

Fondamentalement, il importe de réaffirmer le caractère inconditionnel de l’asile. En France, on voit déjà se développer une rhétorique selon laquelle seuls mériteraient d’être protégés les Afghans qui appartiennent à l’élite intellectuelle du pays – journalistes, artistes, activistes… – tandis que les autres, moins privilégiés, devraient être considérés comme des migrants économiques. Déjà, le directeur général de l’Office français de l’Immigration et de l’Intégration (Ofii) se désole dans la presse que les réfugiés que la France accueillera n’appartiendront pas à l’élite afghane. Protéger, ce n’est pas choisir. Le droit d’asile ne s’applique pas en fonction des classes sociales, et jamais ceux dont la vie est menacée ne constitueront des « flux migratoires irréguliers ». Il ne s’agit pas de protéger uniquement l’élite intellectuelle ou ceux qui ont collaboré avec la France – même si ce sont évidemment ceux-là qui sont les plus menacés actuellement – et de laisser les autres vivre sous le joug des Talibans. Il n’y a pas de « bons » et de « mauvais » réfugiés.

J’ai bien conscience qu’il est plus facile d’écrire ceci dans une tribune de presse que de le mettre en application sur le terrain. J’ai bien conscience des difficultés et de la complexité à organiser l’exil et l’accueil de celles et ceux qui fuiront le joug des Talibans. Pourtant, il en va non seulement de la responsabilité de l’Europe vis-à-vis de celles et ceux qui sont en danger, mais aussi de son intérêt. Nous pouvons encore éviter une nouvelle crise de l’asile.

François Gemenne, bio express

François Gemenne est chercheur du FNRS à l’Université de Liège, où il dirige l’Observatoire Hugo. Spécialiste de la gouvernance des migrations et du climat, il enseigne également à Sciences Po et coordonne le projet de recherche européen MAGYC, consacré à la crise de l’asile. Il a récemment publié « On a tous un ami noir. Pour en finir avec les polémiques stériles sur les migrations », aux éditions Fayard.

Luxemburgs paradoxe Asylpolitik

Hürden der Integration

„Refugees welcome“: Vor allem aus Syrien und Afghanistan kamen seit 2015 verstärkt Schutzsuchende nach Luxemburg. Gesetzliche Barrieren, Wohnungsnot und ein restriktiver Arbeitsmarkt machen die Integration der Geflüchteten nicht leicht. Eine Zwischenbilanz.

Flüchtlingsboote, die von der griechischen Küstenwache gewaltsam zurück in türkisches Gewässer gedrängt werden. Schüsse auf Migranten an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei. Rechtswidrige „Push-Backs“ auf der Balkanroute. Und schließlich der Brand im Flüchtlingslager von Moria. Auch mehr als fünf Jahre nach der „Flüchtlingswelle“ im Sommer 2015 beschäftigt der Umgang mit Schutzsuchenden die EU-Staaten.

Luxemburg gilt international als Vertreter einer „humanistischen Asylpolitik“ – ein Image, das insbesondere von Außenminister Jean Asselborn (LSAP) auf EU-Ebene und in den Medien gepflegt wird. Ähnliche Grundsätze beansprucht allerdings auch die Europäische Kommission für sich. Der im September vorgestellte „New Pact on Migration and Asylum“ verspricht „einen menschlichen und menschenwürdigen Ansatz“ zu verfolgen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren den Pakt jedoch als Dokument der politischen Scheinheiligkeit.

Zwischen Rhetorik und politischer Praxis

Der EU-Migrationspakt verdeutliche auch die Widersprüche der Luxemburger Asylpolitik, analysiert die „Association de Soutien aux Travailleurs Immigrés“ (ASTI) in ihrer Stellungnahme. „Wir wissen, dass Luxemburg alleine keine humanistischere, europäische Migrations- und Asylpolitik anstoßen kann“, heißt es in dem Dokument. Umso wichtiger sei es, dass Luxemburg „in seiner nationalen Gesetzgebung Kohärenz zeigt und Gesetze verabschiedet, die unserer humanistischen und fortschrittlichen Rhetorik entsprechen.“

Anstatt Menschen in Not bestmöglich zu unterstützen, ist die Priorität des Asylgesetzes, Missbrauch zu verhindern.“Marc Piron, ASTI

Nicht nur die ASTI erkennt das Spannungsverhältnis, das sich als roter Faden durch die Migrationspolitik des Großherzogtums zieht: Einerseits ein zuständiger Minister, der oft klare Worte findet, um an mehr Solidarität und Menschlichkeit zu appellieren und anders eingestellte EU-Staaten wie Österreich oder Ungarn scharf zu kritisieren. Andererseits beruht die Asylpolitik auch in Luxemburg auf legalen Restriktionen und administrativer Willkür, wie mehrere Experten kritisieren.

„Das ist nicht kohärent“, sagt Marc Piron von der ASTI im Gespräch mit Reporter.lu. In seinen Augen verfolgt das Luxemburger Asylgesetz von 2008 einen falschen Ansatz, denn es funktioniere nach dem Motto „cherchez l’intrus“ – also: Wer gehört nicht dazu? Oder: Wer fällt hier aus der Reihe? „Anstatt Menschen in Not bestmöglich zu unterstützen, ist die Priorität des Gesetzes, Missbrauch zu verhindern“, bemängelt Marc Piron.

Systematische Verletzung von Grundrechten

„Jean Asselborns Image als letzter Humanist in Europa ist aufgesetzt“, findet auch Frank Wies. Der Anwalt berät und begleitet seit langer Zeit Asylbewerber auf ihrem Weg durch den Luxemburger Verwaltungsdschungel. „Jahrelang Sonntagsreden, die gleiche Strategie und so gut wie kein Einfluss auf EU-Ebene“, bescheinigt er Luxemburgs Außen-, Immigrations- und Asylminister. Asselborns Mantra „Ich würde ja gerne, aber ich kann nicht“, sei nicht mehr glaubwürdig, so das Mitglied des Flüchtlingsrates.

Zwischen humanistischer Rhetorik auf EU-Ebene und politischen Versäumnissen zu Hause: Außenminister Jean Asselborn im vergangenen April bei der Begrüßung von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan am Flughafen in Findel. (Foto: SIP / Jean-Christophe Verhaegen)

Erst im August hatte der Luxemburger Flüchtlingsrat in einer Pressemitteilung auf Fälle von Grundrechtsverletzungen bei der Einreichung von Asylanträgen hingewiesen. In dem Schreiben wird den Mitarbeitern der Einwanderungsbehörde vorgeworfen, Schutzsuchende einzuschüchtern und sie davon abzuhalten, überhaupt einen Antrag zu stellen. „Es ist nicht Sache der Verwaltung, hier auszusortieren“, erklärt Frank Wies. Denn selbst wenn ein Antrag wenig Aussicht auf Erfolg habe, „das Recht, ihn zu stellen, ist grundlegend.“

„Besonders mit Menschen, die nach Luxemburg kommen, obwohl sie in einem anderen Mitgliedstaat bereits Asyl beantragt und vielleicht sogar auch erhalten haben, will Luxemburg nichts zu tun haben“, sagt Cassie Adélaide vom Verein „Passerell“. In Griechenland oder auch Italien sei der Schutzstatus mittlerweile bedeutungslos, da er Schutzsuchenden lediglich „ein Recht auf zutiefst unwürdige Lebensbedingungen gewährt“, heißt es in einem Schreiben der Organisation. Jene Anträge würde Luxemburg dennoch konsequent für „unzulässig“ erklären. Nicht selten binnen eines Tages. Die Folge: „Selbst Familien mit Kindern landen auf der Straße“, sagt Cassie Adélaide.

Überfüllte Heime und generelle Wohnungsnot

Die strikte Anwendung der „Dublin III“-Verordnung, die dafür sorgen soll, dass jeder Asylantrag innerhalb der EU nur einmal geprüft wird, hat für die Luxemburger Behörden vor allem einen Grund: Es soll vermieden werden, „dass die Unterkünfte des Office national de l’accueil (ONA) noch mehr überbelegt werden“, werden die Verantwortlichen in einer Erklärung von „Passerell“ zitiert. Die Wohnungsnot wird für immer mehr Menschen in der Luxemburger Gesellschaft zum Hauptproblem. Da ist es offensichtlich, dass die Schwächsten von ihr besonders hart getroffen werden.

3.186 Menschen leben derzeit in den Unterkünften des ONA (Stand: Mitte Oktober), die damit zu 81,7 Prozent ausgelastet sind. Doch diese Zahl trügt, da sich die Einrichtungen nicht bei 100, sondern spätestens ab 80 Prozent an der Belastungsgrenze befinden. Mehr Auslastung sei nicht zu erreichen, da sonst die Familieneinheit nicht mehr respektiert werden könne, heißt es hierzu aus dem Außenministerium.

Jean Asselborns Image als letzter Humanist in Europa ist aufgesetzt. Jahrelang Sonntagsreden, die gleiche Strategie und so gut wie kein Einfluss auf EU-Ebene.“Frank Wies, Anwalt und Experte für Asylrecht

Obwohl 2020 aufgrund der Pandemie nur etwa halb so viele Schutzsuchenden nach Luxemburg gekommen sind als noch in den Jahren zuvor, sind die Flüchtlingsheime voll ausgelastet. Dies liegt vor allem daran, dass viele Menschen, trotz anerkanntem Flüchtlingsstatus, weiterhin auf die Unterkunft in einem Heim angewiesen sind. 42,6 Prozent der Bewohner der Flüchtlingsheime wurde der internationale Schutz bereits zuerkannt. Doch den Allermeisten bleibt der reguläre Wohnungsmarkt weiterhin versperrt.

Je länger ein Geflüchteter in einem Flüchtlingsheim festsitzt, desto gravierender sind die Folgen für seinen Integrationsprozess. „Die Menschen werden weiter gebremst, Kommunitarismus wird begünstigt“, schreibt Passerell. Eine weitere Konsequenz der Überbelastung ist, dass in den Heimen für Neuankömmlinge kein Platz ist. Durch Mangel an Kapazitäten stößt Luxemburg bei der Aufnahme von Geflüchteten schnell an die eigenen Grenzen. Rhetorische Großzügigkeit hin oder her.

Integration „auf dem Abstellgleis“

„Als die Flüchtlingsheime noch unter die Zuständigkeit von Ministerin Corinne Cahen fielen, konnte Jean Asselborn sich großzügiger zeigen“, sagt der im Asylrecht spezialisierte Anwalt Frank Wies. Seit Januar 2020 gilt jedoch ein Gesetz, welches die Aufnahmestelle und damit auch die Organisation der Flüchtlingsunterkünfte unter die Verantwortung des Außenministeriums stellt, statt, wie zuvor, unter jene des Familienministeriums. Geflüchteten soll dadurch die Möglichkeit gegeben werden, „sich während der gesamten Bearbeitungszeit der Anträge auf internationalen Schutz und für alle Aspekte der Aufnahme (…) an einen einzigen Ansprechpartner zu wenden“, wie die Regierung die Entscheidung Anfang Januar in einer Pressemitteilung begründete.

Nicht nur die Traumata von Krieg und Flucht, sondern auch der lange Aufenthalt und zum Teil negative Erlebnisse in Luxemburgs Flüchtlingsheimen setzen den Betroffenen zu. (Foto: Croix-Rouge luxembourgeoise)

Allerdings: Integration bleibt die Zuständigkeit des Familienministeriums. Die Einschätzung von Frank Wies ist eindeutig: „Seit die Integration vom Aufnahmebüro getrennt ist, steht sie auf dem Abstellgleis.“ Die ohnehin viel zu „paternalistische Betreuung“ von Asylbewerbern – Dach über dem Kopf, Essenslieferung, Einkaufsgutscheine – habe sich dadurch noch verschärft: „Eine Vermischung der Gesellschaft findet in der Zeit der Antragsstellung kaum statt“, sagt Frank Wies. Hier verspiele Luxemburg wertvolle Monate, manchmal gar Jahre. „Integration muss am ersten Tag nach der Ankunft beginnen“, sagt der Anwalt, Integration dürfe nicht nach dem Motto „Survival of the fittest“ funktionieren.

„Es sollen keine falschen Hoffnungen geweckt werden“, sagt Jacques Brosius, Abteilungsleiter für Integration aus dem Familienministerium. Die neue Verteilung der Zuständigkeiten und die Konzentration auf Menschen mit Bleiberecht böten seiner Abteilung nun die Möglichkeit, „Geflüchtete nicht getrennt zu behandeln, sondern alle Mitbürger in den Integrationsprozess mit einzubinden.“ Der nationale Aktionsplan für Integration stelle hierfür einen allgemeinen Rahmen dar, ein „Skelett, das nun mit Fleisch“ behängt werden müsse. Das soll durch konkrete Aktionen geschehen, für die Jacques Brosius besonders auch die Gemeinden in die Verantwortung nehmen möchte.

Begleitender Integrationsprozess gescheitert

Am 26. Oktober verschickte das Ministerium für Integration einen Brief an 24 Organisationen und 102 Gemeinden, um nach Ideen und Vorschlägen für eine fortschrittlichere Integrationspolitik zu suchen. Das Ministerium habe erkannt, dass das Gesetz vom Dezember 2008 durchaus reformbedürftig sei, wie es in dem Schreiben heißt. Wie bereits im Koalitionsvertrag festgehalten, sollen die beiden Instrumente, die dem Ministerium für Integration maßgeblich zur Verfügung stehen, angepasst werden.

Zum einen handelt es sich hierbei um den Aufnahme- und Eingliederungsvertrag (CAI), der sich an alle Ausländer mit Wohnsitz in Luxemburg richtet und der Zugezogenen neben einem Orientierungstag vor allem den ermäßigten Zugang zu Sprachkursen ermöglicht. Zum anderen soll der begleitende Integrationsprozess (PIA), der ursprünglich in drei Phasen unterteilt ist, weiterentwickelt werden.

Luxemburgs Asylpolitik in Zahlen

  • Zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 30. September 2020 wurden in Luxemburg 11.842 Anträge auf Asyl gestellt. Von diesen Personen haben 3.723 einen Schutzstatus erhalten.
  • Im Jahr 2020 kamen die Schutzsuchenden vor allem aus folgenden Ländern: Syrien (23,3 Prozent), Eritrea (13,1 Prozent), Afghanistan (9,3 Prozent), Irak (5,1 Prozent) und Venezuela (5 Prozent).
  • Zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 30. September 2020 konnten rund 700 Personen mit Schutzstatus von der Möglichkeit der Familienzusammenführung Gebrauch machen.
  • 3.186 Personen leben in den Unterkunftseinrichtungen des ONA (Stand: 15.10). Die Einrichtungen sind ausgelastet. 42,6 Prozent der Bewohner wurde bereits ein Schutzstatus zuerkannt.

Gerade einmal 10.000 Menschen haben den Aufnahmevertrag seit 2011 unterschrieben – bei einer Zuwanderung von etwa 25.000 Menschen jährlich. Es ist weder verpflichtend, noch werden Menschen aktiv dazu ermutigt, ihn zu unterschreiben. „Wir funktionieren nach der Philosophie der Freiwilligkeit“, sagt Jacques Brosius aus dem Familienministerium.

Das Programm des begleitenden Integrationsprozess sei aus der Pilotprojektphase 2017 nie wirklich herausgekommen, findet Marc Piron von der ASTI. Die Politik zeige Geflüchteten zu wenig Perspektiven auf und könne sie „während der Prozedur regelrecht blockieren.“ Der PIA, der ursprünglich vor allem den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollte, „existiert höchstens in Ansätzen“, so die nüchterne Schlussfolgerung von Marc Piron.

Schwierige Integration in den Arbeitsmarkt

Dabei findet die tatsächliche Integration vor allem durch Arbeit statt. Was für geflüchtete Kinder und Jugendliche in den Schulen weitgehend gut zu funktionieren scheint – Sprachenerwerb, Unabhängigkeit, Teilhabe an der Gesellschaft – bleibt auf dem Arbeitsmarkt in Luxemburg weiterhin die Ausnahme. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In den letzten sechs Jahren wurden 11.842 Anträge auf Asyl gestellt und 3.723 bewilligt. Doch nur 737 bei der ADEM eingeschriebene Asylbewerber konnten von Januar 2015 bis Mai 2020 in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden.

Die Erleichterung war vielen Geflüchteten bei ihrer Ankunft in Luxemburg ins Gesicht geschrieben. Doch die erste Zeit in der neuen Heimat stellt sie zum Teil vor große Herausforderungen. (Foto: SIP / Charles Caratini)

Unter anderem die hohen Sprachanforderungen, fehlende Industrieberufe und geringe Fortbildungsmöglichkeiten für Quereinsteiger führen zu einem restriktiven Arbeitsmarkt. „Auf der einen Seite stehen die Menschen, die Kompetenzen haben und arbeiten möchten, auf der anderen Seite gibt es die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes“, sagt Marc Piron von der ASTI. „Doch die beiden Enden kommen einfach nicht zusammen.“ Das sei besorgniserregend, zumal die Grenzgänger, die zum Teil täglich aus hundert Kilometer entfernten Wohnorten anreisen, eindrucksvoll zeigen, dass Luxemburgs Arbeitsmarkt durchaus weitere Arbeitskräfte braucht.

Die Situation wirke sich letztlich auf die gesamten Integrationschancen aus, schlussfolgert Marc Piron. Nach meist Jahren der Flucht, einer mittlerweile durchschnittlich 18 Monate andauernden Asylprozedur und durch den beschwerlichen Zugang zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt werde es immer schwieriger, sich ein eigenständiges Leben aufzubauen. Ohne Eigenständigkeit sei Integration auf Augenhöhe jedoch kaum vorstellbar. Die Einschätzung deckt sich auch mit den Schilderungen mehrerer Betroffener, wie sie im REPORTER-Dossier „Geflüchtete im Porträt“ nachzulesen sind.

Politische Krise, Wohnungskrise, sanitäre Krise

„Natürlich beschweren wir uns hier auf hohem Niveau“, sagt Cassie Adélaide vom Verein „Passerell“. „Alle Antragsteller in Luxemburg haben ein Dach über dem Kopf“, sagt die Menschrechtsaktivistin, das sei europaweit leider nicht selbstverständlich. Sie verweist auf die desolaten Zustände in Griechenland, aber auch Italien, wo Asylbewerber nicht selten in Lagern oder auf der Straße leben. Trotz aller Baustellen sei das Leben in Luxemburg für Asylsuchende sicher besser als in vielen anderen europäischen Ländern. Doch das entlässt Luxemburg nicht aus der Verantwortung, sowohl im Land als auch auf EU-Ebene weiter für eine fortschrittliche Asylpolitik einzutreten.

„Das, was einige seit 2015 als Flüchtlingskrise bezeichnen, ist in erster Linie eine Krise der Wertvorstellungen und der Funktionsweise der Europäischen Union, zu der im Großherzogtum noch die Wohnungskrise hinzukommt“, schrieb die zivilgesellschaftliche Initiative „De Ronnen Dësch“ bereits im Juli 2017 in einem Positionspapier. Hinzu kommt nun, 2020, auch noch eine flächendeckende sanitäre Krise. Mit ihr verschlechtern sich die Lebensbedingungen, und damit auch die Integrationschancen von Schutzsuchenden weiter. Besonders an den Außengrenzen der EU, aber auch in Luxemburg.

A 500 Wierder iwwert d‘Migrations- and Asylpolitik an der EU

LËTZEBUERGER JOURNAL 27. Oktober 2020
MAX FISCH

Säit Jore gehéiert d’Migratiouns- an d‘Asylspolitik zu enger vun de gréissten Erausfuerderungen vun der Europäescher  Union. Nom grousse Feier am Lager Moria zu Lesbos Ufank September an nodeems dausende vu Migranten duerch déi Katastroph hire leschte Besëtz och nach verluer hunn, huet déi europäesch Flüchtlingsproblematik och rëm d’Aktualitéit dominéiert. An hirer Ried zur Lag vun der EU huet déi nei Kommissiounspräsidentin Ursula von der Leyen de 16. September annoncéiert, dass d’Flüchtlingssituatioun eng vun hire wichtegste Prioritéite wier an dass si zesumme mat de Memberlänner alles géif dru setzen, fir dës Problematik an de Grëff ze kréien. Kuerz drop huet d’Kommissioun dunn och hiren neie Pakt fir d‘Migratiouns- an d‘Asylpolitik virgestallt.

D’Zil vum neie Pakt ass et, fir d’Situatioun vun den Länner un de Grenze vun der EU ze verbesseren a fir innerhalb der EU de richtegen Equiliber tëschent Solidaritéit a Responsabilitéit ze fannen. Et geet drëms, de Länner ënner Drock zu all Moment kënne bäizestoen, fir hinne séier kënnen ze hëllefen, falls se et néideg hunn a fir ze versécheren, dass all eenzelt Land an der EU zur Léisung vum Problem bäidréit.

D´Meenunge gi wäit auserneen

Diskussioune ronderëm déi nei virgeschloen Iddie vun der Kommissioun si grouss. D’Initiativ, eng nei gemeinsam europäesch Migratiouns- an Asylpolitik an d’Liewen ze ruffen gëtt vun all de Memberlänner ënnerstëtzt, mee d’Meenungen iwwert d’Ëmsetzung gi scho säit Joren auserneen a splécken d’Union, dat bleift de grousse Problem. En Deel vun den EU-Länner soe kloer, dass et fir si net méi a Fro géif kommen, Flüchtlingen opzehuelen an dass et drëms geet, d’Immigratioun insgesamt ze verréngeren an immens vill Drock läit op den Länner un de Baussegrenze vun der EU, déi duerch hir geografesch Lag am meeschte mat der Flüchtlingsproblematik ze kämpfen hunn an am meeschten Ënnerstëtzung brauchen. Fir dësen ze reduzéieren an och fir dass déi Länner, déi keng Flüchtlingen ophuelen, trotzdeem zur Léisung vum Problem
bäidroe kënnen, huet d’Kommissioun mam ‚Return Sponsorship‘ eng nei Idee presentéiert, déi eng vun de groussen neie Mesurë vum Pakt ass. Vereinfacht erkläert ass dat eng Mesure, wouduerch Memberlänner d’Responsabilitéit vu Migranten iwwerhuelen kéinten, déi kee Recht op Asyl kritt hunn, an déi dobäi ënnerstëtzen an hinnen hëllefen, fir sécher an a gudde Konditioune rëm zeréck an hiert d’Heemechtsland ze kommen. Laut der Kommissioun géifen déi Migranten, déi kee Recht op Asyl hätten, e groussen Deel ausmaachen a wieren och e grousse Grond fir déi schrecklech Flüchtlingslageren un de Grenzen. Sou kéinte sech déi Memberlänner, déi keng Flüchtlingen ophuelen, sech trotzdeem solidaresch weisen, andeem se hiren Deel zur Léisung vun der Problematik bäidroen.

Eng aner nei Iddi, déi d’Kommissioun an hirem Pakt presentéiert huet, ass ‚pre-entry screening’, wou et drëms geet, fir all d’Leit un de Grenzen ze enregistréieren an eng Sécherheets- an Gesondheetskontroll ze maachen. Dëst soll erbäiféieren, dass et méi einfach ass, den Iwwerbléck iwwert d‘Gesamtsituation ze behalen an dass ee méi séier weess, wéi et fir déi eenzel Flüchtlinge weidergeet a wat se brauchen oder hinne feelt, wat am Interessi vun deenen zwou Säiten soll sinn.

Déi nächst Wochen an Méint wäerten elo ganz wichteg sinn, well et heescht, zesumme mat all de 27 Memberlänner, sou séier wéi méiglech en Accord ze fannen, Kompromësser anzegoen an erauszefannen, wéi eng nei Iddie vun der Kommissioun ënnert wéi enge Konditiounen ëmzesetzen sinn an ob dëse Pakt den éischte Schratt an eng nei kloer europäesch Migratiouns- an Asylpolitik ass.