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ASTI Calls for Exceptional Measures to Support Precarious Workers

ASTI, the association for migrant workers in the Grand Duchy, has urged the Luxembourg government to take additional measures aimed at supporting the most precarious workers during the current (COVID-19) coronavirus pandemic.

According to ASTI, a crisis situation always weakens those who are in a precarious situation, and the current coronavirus pandemic is no exception.

Chronicle 1 April 2020

Grenzen überwinden

Solidarität.

Dieser Begriff, oftmals eine Hülse oder ideologisch verbrämt, hat angesichts der Corona-Pandemie Konjunktur. Solidarität zwischen den Generationen, Solidarität mit dem Personal in Krankenhäusern und an Supermarktkassen, Solidarität innerhalb der Europäischen Union. Völlig zu Recht wird an die Solidarität aller appelliert, geht es um die Einhaltung der Ausgangsbeschränkungen. Und nachvollziehbar ist auch, wenn sich Luxemburgs Politiker über mangelnde Solidarität der EU-Nachbarn beklagen, die ohne Absprache ihre Grenzen dicht machen. Wieso ist es nicht selbstverständlich, dass Staaten und Bürger solidarisch im Handeln sind. ….

Leitartikel Luxemburger Wort 26. März  2020 Diego Velazquez

 

Flüchtlinge als Spielball

Wie die EU ihre Grundprinzipien – Menschenwürde, Demokratie, Rechtstaatlichkeit – verspielt.

medico-Partner helfen vor Ort.

Von Ramona Lenz & Anita Starosta

Der unsägliche Begriff der Flüchtlingswelle ist noch der harmloseste unter den menschenfeindlichen Kommentaren, die derzeit in den sozialen Medien kursieren. Und leider geht es schon lange nicht mehr nur um sprachliche Entgleisungen. Von Maraş im Süden der Türkei über die griechischen Inseln bis an den Evros und darüber hinaus haben sich Bürgerwehren unter internationalem Beifall zusammengetan, um die Flüchtlinge hemmungslos anzugreifen, für die die Türkei einseitig die Grenzen Richtung Europa geöffnet hat. Auch Helfer*innen und Journalist*innen werden bedroht und verletzt. Anstatt sich an die Verantwortlichen zu wenden, die Idlib bombardieren, Deals mit Despoten eingehen und die griechischen Inseln in Freiluftgefängnisse verwandeln, richtet sich der Zorn gegen die Schwächsten und ihre Unterstützer*innen.

Nachdem man sie verbal als „Terroristen“ oder „Invasoren“ zum Abschuss freigegeben hat, taugen die Flüchtlinge nur noch als Spielball der Macht und werden ansonsten ihrer fundmentalen Rechte beraubt. Keine Polizei und kein Rechtsstaat schützen sie, im Gegenteil. Die Gefährdung von Flüchtlingsbooten und der Einsatz von Tränengas gegen Erwachsene wie Kinder gehören längst zu den üblichen Grenzschutzmaßnahmen. Und wenn die griechische Regierung nun das Asylrecht für einen Monat aussetzt, als könne man Menschenrechte in einem Rechtsstaat nach Belieben ein- und ausschalten, dann ist das eine weitere Bestätigung für den rechten Mob: Pogromartige Gewalt führt zu den gewünschten politischen Maßnahmen.

Dass die Bewohnerinnen und Bewohner der griechischen Inseln gegen die untragbaren Zustände protestieren, ist mehr als verständlich. Seit Jahren werden sie mit den aus der Türkei ankommenden Flüchtlingen allein gelassen. Zurecht fordern sie, dass Flüchtlinge aufs Festland weiterziehen können, und dass keine geschlossenen Lager auf den Inseln errichtet werden. An den elenden Zuständen in den Lagern und den Zumutungen für die Einheimischen sind aber weder die Flüchtlinge noch die Freiwilligen und Hilfsorganisationen schuld, die die Ankommenden unterstützen. Man muss annehmen, dass die griechische Regierung die Situation auf den Inseln bewusst hat eskalieren lassen, um den restlichen EU-Mitgliedsstaaten den Notstand vor Augen zu führen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auch umgehend reagiert und Griechenland „volle Unterstützung“ zugesagt – beim Schutz der Grenzen zur Türkei, nicht bei der Versorgung der Flüchtlinge. Diese Haltung ermutigt jetzt alle in der EU, denen Grenzschutz wichtiger ist als Flüchtlingsschutz.

Es ist nicht lange her, dass man sich über AfD-Politikerinnen empörte, die einen Waffeneinsatz gegen Flüchtlinge an Europas Grenzen nicht ausschlossen und über den damaligen österreichischen Außenminister Kurz, der „hässliche Bilder“ an Europas Grenzen ankündigte. Längst ist Gewalt gegen Schutzsuchende zur Normalität geworden – in den letzten Jahren meist eher im Geheimen und zumeist unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit. Seit einigen Tagen aber ganz offen. Was hier passiert, ist mehr als das einseitige AUfkündigen des ohnehin höchst problematischen EU-Türkei-Deals. Die EU hat sich mit diesem Abkommen nicht nur erpressbar gemacht. Sie hat sich den Spielregeln eines Despoten unterworfen und dabei die Grundprinzipien der EU – Menschenwürde, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit – verspielt.

Nordsyrien – komplettes Versagen

Die vermeintliche Grenzöffnung Richtung Griechenland ist ein perfides Druckmittel Richtung EU und NATO, in die militärische Eskalation um das syrische Idlib zu Gunsten der Türkei einzugreifen. Die knapp eine Million Flüchtlinge, die vor den Bomben und Luftangriffen des syrischen Regimes und Russland dorthin fliehen, sitzen auch weiterhin fest. An der Grenze zur Türkei schauen sie auf eine Mauer oder Stacheldraht, hinter ihnen wird bombardiert. Es gibt für sie kein Vor und kein Zurück. Während das syrische Regime und Russland nicht davor zurückschrecken, zivile Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser zu bombardieren, um Idlib wieder vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen, ist es jetzt die Türkei, die zum Gegenangriff ausholt, um die Kontrolle über das von radikal-islamischen Milizen besetzte Gebiet nicht zu verlieren.

Die Flüchtlingslager in Idlib sind völlig überfüllt, die Versorgung dieser Menschen nicht gesichert. Anstatt Aufnahmegarantien in Europa zu geben, um die verzweifelten Menschen aus Idlib herauszuholen, eskaliert es nun an Europas Außengrenzen durch Erdogans provokative und medial inszenierte vermeintliche Grenzöffnung weiter. Das Ergebnis ist desaströs: Wer Abschottung betreibt, gleichzeitig aber keine politische Intervention und Lösung anbietet, um das Töten zu stoppen, der macht sich mitschuldig. Auch in Idlib werden die Flüchtlinge zum Spielball der internationalen Politik instrumentalisiert – der humanitären Katastrophe nimmt sich kein internationaler Akteur an, solange es keine Lösung für die Eskalation zwischen Türkei, Syrien und Russland gibt.

medicos Partnerorganisationen helfen

Es sind medico-Partnerinnen und -Partner, die in dieser hoffnungslosen Situation nicht aufgeben: Das Frauenzentrum in Idlib-Stadt versorgt hunderte Flüchtlinge, solange sie noch können und die Bomben sie nicht treffen. Für Frauenrechte treten sie – den Angriffen der islamistischen HTS-Milizen zum Trotz – weiter ein, dabei müssen sie jedoch auch an ihre eigene Flucht denken. Sollten die Bomben von Assad näher kommen, werden auch sie gehen und sich irgendwie in Sicherheit bringen müssen.

Es ist auch die nordostsyrische Selbstverwaltung, die den Flüchtlingen aus Idlib Schutz anbietet. Südlich der Stadt Manbij wurde bereits ein Flüchtlingscamp vom medico-Partner Kurdischer Roter Halbmond errichtet, in dem erste Familien unterkommen. Der einzige Grenzübergang in den Nordosten Syriens für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen ist seit Januar geschlossen – Folge eines Vetos von Russland und China im UN-Sicherheitsrat. Anstatt sich diesem Veto zu widersetzen, steht nun im Raum, die UN Hilfe über die von der Türkei besetzte Zone laufen zu lassen. Dies käme einer de facto-Anerkennung dieser völkerrechtswidrigen Besatzung gleich und bereitet die Ansiedlung von syrischen Flüchtlingen, die zurzeit in Türkei leben, unter UN-Beteiligung vor – der Erdogan-Plan eines demographischen Austausches der Bevölkerung in der Region nimmt Konturen an.

Es ist nicht auszuschließen, dass sich die militärische Eskalation in Idlib auch auf den Norden – die kurdischen Gebiete – überträgt. Die Türkei könnte die Angriffe gegen Russland und das syrische Regime fortführen oder die Gebiete könnten Verhandlungsmasse in den kommenden Verhandlungen zwischen Erdogan und Putin werden. Denn es gibt sie noch, die gemeinsamen Patrouillen von Türkei und Russland in dem fünf Kilometer breiten Grenzstreifen, die aus der Vereinbarung nach der türkischen Militäroperation im Oktober hervorgegangen sind.

Die Hoffnung auf eine friedliche Lösung unter Beteiligung internationaler Akteure ist schon lange in weite Ferne gerückt – ob in Idlib, der Türkei, Rojava oder Griechenland. Europa schottet sich mit allen Mitteln ab. Erdoğan nutzt Europas Angst vor den Flüchtlingen für seine eigenen Interessen. Und den Flüchtlingen gönnt man nicht einmal mehr das Überleben. Uns bleibt die Solidarität mit denjenigen, die in dieser ausweglosen Lage weitermachen und den menschenverachtenden Machtspielen mit Politik und Menschenrechten etwas entgegensetzen: Solidarität und Menschlichkeit.

Veröffentlicht am 03. März 2020                           

Flüchtling ist nicht gleich Flüchtling

Luxemburger Wort 19. Februar 2020
Der Unterschied beim Flüchtlingsstatut hat Auswirkungen auf die Reisefreiheit des Schutzsuchenden und beim Zugang zu den Sozialleistungen.

Auch wenn die Anzahl der Asylanträge in Luxemburg langsam aber stetig nachlässt, so warten dennoch viele Flüchtlinge im Großherzogtum darauf, dass ihre Heimatländer Frieden finden. Mit der Anerkennung als Flüchtling bekommen sie einen besonderen Rechtsstatus, der mit Rechten, aber auch mit Pflichten gegenüber dem Aufnahmeland einhergeht. Luxemburg ist, flächenmäßig gesehen, ein kleines Land. Deshalb stellt sich die Frage nach der Reisefreiheit eines anerkannten Flüchtlings in Luxemburg eher als in den großen Nachbarländern.

Flüchtlingsstatus


Seit Januar haben 560 Personen in Luxemburg einen Asylantrag gestellt.
Zahl der Asylsuchenden geht zurück

Bereits mit der Definition eines anerkannten Flüchtlings muss zwischen einem subsidiär Schutzberechtigten und einem nach der Genfer Konvention anerkannten Flüchtling unterschieden werden. Am häufigsten werden Schutzsuchende in Luxemburg nach der Genfer Flüchtlingskonvention aufgenommen. Diesen Schutzstatus erhält, wer aufgrund seiner Religion, Rasse, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird.

Trifft dies auf einen Asylsuchenden nicht zu, gibt es noch die Möglichkeit des subsidiären Schutzes. Dieser wird in der Regel gewährt, wenn Gefahr für Leib und Leben des Flüchtenden droht, auch wenn er keiner Gruppe angehört, die diskriminiert wird. Dies kann etwa im Fall von einer verhängten Todesstrafe, Krieg oder Folter der Fall sein.

Der Unterschied beim Flüchtlingsstatut hat auch Auswirkungen auf die Reisefreiheit des Schutzsuchenden. Konventionsflüchtlinge bekommen nach ihrer Anerkennung einen „Blauen Pass“. Wenn sie offiziell als Flüchtlinge anerkannt sind, dürfen die Schutzsuchenden kein neues Reisedokument in ihrer Heimatbotschaft beantragen.

Im Gegensatz dazu können subsidiär Schutzbedürftige den Reisepass ihres Heimatlandes behalten. Diese Rechtsbeschränkung für Konventionsflüchtlinge erklärt sich dadurch, dass ihnen vor Verfolgung im Herkunftsland Schutz gewährt wird. Daher wäre es für den Flüchtling unzumutbar, durch die Beantragung eines Reisepasses, sich dem Schutz des Staates zu unterstellen, der ihn verfolgt.

Dadurch folgt aber auch der nächst logische Schritt, dass die nach der Genfer Konvention anerkannten Flüchtlinge weder ihre Heimatländer noch deren Botschaften betreten dürfen. In aller Regel verlieren die Flüchtlinge ihr Statut als Asylberechtigte und damit ihr Aufenthaltsrecht für Luxemburg, falls sie dies trotzdem tun.

Großzügige Regelung


Flüchtlinge,Flüchtlingsheim,Foyer pour refugiés,ici:Marienthal.Foto:Gerry Huberty
Nachholbedarf bei Willkommenskultur

Für subsidiär Schutzbedürftige gelten diese Verpflichtungen nicht. Sie können den Reisepass ihres Heimatlandes behalten. Mit beiden Schutzformen geht jedoch einher, dass der Flüchtling automatisch ein “Titre de séjour” von fünf Jahren bekommt. In diesem Kontext ist Luxemburg großzügiger als seine Nachbarstaaten, da die betreffende EU-Direktive eine Aufenthaltsgenehmigung von “mindestens drei Jahren” vorsieht.

Personen, die dem subsidiären Schutz unterstehen, müssen grundsätzlich einen nationalen Reisepass vorlegen, damit ihnen Dokumente ausgestellt werden können, die ihnen die Reise ermöglichen. Laut der Einwanderungsbehörde kommt es trotzdem immer wieder vor, dass subsidiär Schutzbedürftige einen “grünen Fremdenpass” beantragen.

Die Schutzsuchenden tun dies, weil sie Angst davor haben, die Botschaft ihres Heimatlandes zu betreten, da sie Repressalien befürchten. Es kommt aber auch vor, dass die Heimatbotschaft einfach keinen Reisepass ausstellt. Die anerkannten Flüchtlinge dürfen in einem Zeitraum von je 180 Tagen bis zu 90 Tage in den anderen Schengen-Staaten reisen. Kontrollen oder Meldepflichten gibt es keine.

Schwieriger gestaltet es sich jedoch bei einer Ausreise aus dem Schengen-Gebiet in Drittstaaten. So gibt es Länder, die die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterschrieben haben und deshalb den “blauen Pass” nicht anerkennen. Für subsidiär Schutzbedürftige gelten die Visabestimmungen der Drittstaaten mit ihrem Heimatland.

Unterschiede im Recht


Der junge Farid aus Afghanistan wohnte ein Jahr lang bei Pascal Clement (l.) und seiner Frau.
Oppent Haus: Neue Bleibe für neue Chance

In der Rechtsordnung haben die Konventionsflüchtlinge gewisse Vorteile gegenüber den subsidiär Schutzberechtigten. Anerkannte Flüchtlinge besitzen demnach Bürgerrechte, während Personen, die dem subsidiären Schutz unterstehen, den gleichen Rechtsanspruch haben wie Drittstaatler. Konkret bedeutet dies, dass den anerkannten Flüchtlingen zu den gleichen Bedingungen Zugang zu Sozialleistungen, Wohnraum, Bildung und Gesundheitsversorgung gewährt wird wie den Besitzern der luxemburgischen Staatsbürgerschaft.

So muss zum Beispiel ein Arbeitgeber, der einen Drittstaatsangehörigen einstellen möchte, zuerst die freie Stelle bei der Arbeitsagentur ADEM melden. Erst wenn nicht innerhalb von drei Wochen ein passender Bewerber vom lokalen Arbeitsmarkt vorgeschlagen wurde, kann beim Direktor der ADEM eine Bescheinigung beantragt werden, aufgrund derer der Unternehmer befugt ist, einen Arbeitsvertrag mit einem nicht EU-Bürger abzuschließen.

Im Gegensatz dazu, können anerkannte Flüchtlinge bereits sechs Monate nachdem sie ihren Asylantrag gestellt haben, arbeiten. Da jedoch gegenwärtig die Bearbeitungszeit eines Asylantrags im Durchschnitt 4,8 Monate dauert, erübrigt sich das in den meisten Fällen.