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Der Luxemburger Anteil an der Nelkenrevolution in Portugal

ReportageVor 50 JahrenLogo lw
Luxemburger Wort, 25. April 2024
Ricardo Roidrigues
António Paiva vor dem berühmten Foto vom 25. April 1974 aus Lissabon. Er selbst hörte die Nachricht von der Machtübergabe in Luxemburg im Radio. Foto: Marc Wilwert

1971 gründete António Paiva eine Luxemburger Widerstands-Zelle zum Kampf gegen den „Estado Novo“. Erinnerungen eines Exil-Revolutionärs – und des Unterstützers Serge Kollwelter.

Oktober 1970. António Paiva ist noch nicht einmal einen Monat in Paris, als ihm seine erste Reise nach Luxemburg angeboten wird. „Im Sommer war ich weggelaufen. Ich bin vor der PIDE geflohen, der portugiesischen politischen Polizei, die mich verhaften wollte“, sagt er heute in einem Café in der luxemburgischen Hauptstadt – fünfzig Jahre nach dem Zusammenbruch der Diktatur, die er bekämpfte. „Ich wusste, wenn die mich erwischten, würden sie mich auf unbestimmte Zeit einsperren und foltern, wie viele meiner Kameraden. Oder in einen Kolonialkrieg schicken, mit dem ich nicht einverstanden war. Lieber wollte ich mein Land verlassen und den Kampf in der Diaspora fortsetzen.“

Seit 1968 hatte er sich am Kampf gegen das Regime beteiligt. 1969 war er dem Portugiesischen Marxistisch-Leninistischen Komitee (CMLP) beigetreten, einer geheimen Organisation, die versuchte, die Diktatur friedlich zu boykottieren. „Ich war in keiner Form am bewaffneten Kampf beteiligt“, sagt Paiva. „Meine Aufgabe war es, Gedichte zu schreiben und eine Publikation namens ‚O Grito do Povo‘ [‘Der Schrei des Volkes‘] zu drucken und heimlich zu verteilen, die das Regime, die Unfreiheit und den Kolonialkrieg infrage stellte.“ Für den „Estado Novo“, die Diktatur unter Antonio Salazar, wäre das mehr genug Anlass für einen Gefängnisaufenthalt gewesen.

Die politische Polizei war Paiva auf den Fersen.
Die politische Polizei war Paiva auf den Fersen. Foto: Marc Wilwert

Singen für die Freiheit

Paiva kam in der französischen Hauptstadt an – ohne Geld, aber mit Kontakten zum „Komitee der Deserteure“, das vom achten Arrondissement der Stadt aus operierte. Tagsüber arbeitete er als Kellner, nachts ging er zum Arbeitertheater unter der Leitung des Regisseurs Hélder Costa, der nach dem 25. April einer der Gründer des Theaters A Barraca in Lissabon werden sollte. „Im Oktober 1970, wenige Wochen nach meiner Ankunft, reiste die gesamte Truppe nach Luxemburg, um ein Theaterstück und ein Konzert für die portugiesischen Emigranten aufzuführen. Der Star der Show war Zeca Afonso.“

Die Truppe reiste mit dem Bus. Es dauerte noch vier Jahre, bis Afonsos „Grândola, Vila Morena“ als Hymne verwendet wurde, als Symbol für die Revolution, die das Regime stürzen sollte – aber der Autor des Liedes war bereits eine bekannte Figur in der Protestmusik.

„Wir hatten zwei Auftritte, einen im Maison du Peuple in Esch und den anderen im Casino Syndical in Bonneweg. Bei der ersten Show sang Zeca nicht, wir führten nur ein Stück namens ‚Der Soldat‘ auf, das sich sehr kritisch mit dem Krieg in den Kolonien auseinandersetzte“, erinnert sich Paiva. „Wir merkten bald, dass die Emigranten enttäuscht waren, sie hatten eine populäre Show mit Tanzeinlagen erwartet, und dann kamen wir und belästigten sie mit Politik.“

Es gab Pfiffe und Buhrufe, und die Truppe überlegte, ob sie am nächsten Abend in der Hauptstadt überhaupt noch antreten sollte.

Sie entschieden sich dafür. Zeca Afonso nahm im Casino Syndical seine Gitarre in die Hand und plötzlich rief ihm jemand von der Bühne aus zu: „Wenn du dich traust, dann sing Catarina“. Das Lied, das der Musiker zu Ehren von Catarina Eufémia geschrieben hatte, der schwangeren Bäuerin, die während eines Streiks von der Polizei im Alentejo ermordet wurde, war zu einer Ikone des Widerstands geworden. „Und dann ging es schief“, sagt António Paiva.

Sieben Männer in schwarzen Hemden stellten sich vor der Bühne auf. „Sie waren eindeutig Agenten der portugiesischen politischen Polizei. Bei den ersten Akkorden verließen sie den Raum, und nach einer Minute rief ein Luxemburger, dass er die Polizei rufen würde. Es gab einen Aufruhr und alle rannten weg – auch wir. Wir waren zwar in einem freien Land, aber die Diktatur klebte an uns“, so Paiva.

Als er nach Paris zurückkehrte, berichtete er der Leitung des Komitees, was passiert war. Er beklagte, dass es in einem Land, in dem so viele Portugiesen arbeiteten, keine Keimzelle des Widerstands und der Bewusstseinsbildung unter den Massen gab. „Es war seltsam zu sehen, wie die Opfer des Salazarismus ihren Henker verteidigten. Viele dieser Menschen waren vor Armut, Krieg und Faschismus geflohen. Aber sie beschuldigten die Demonstranten weiterhin, Verräter an ihrem Heimatland zu sein. Wir mussten aufklären, ausbilden und erklären“, ereifert er sich mit der gleichen Überzeugung, wie bei seinem geheimen Treffen mit dem CMLP in Paris Jahrzehnte vorher.

Im August 1971 kehrte er nach Luxemburg zurück, um hier die erste Zelle des portugiesischen Widerstands gegen die Diktatur zu gründen. In den folgenden drei Jahren rekrutiert er Luxemburger und Portugiesen, die ihn bei seiner Mission unterstützen. Die Geschichte des „Windes der Freiheit“, der am 25. April 1974 durch Portugal wehte, hat ein unbekanntes Kapitel. Und das wurde in einem kleinen Land in der Mitte Europas geschrieben.

Die Revolution von außen

Für die Historikerin Irene Flunser Pimentel, eine der führenden Forscherinnen zum Regime des Estado Novo, war „die Emigration eine wesentliche Voraussetzung für die Nelkenrevolution“. Pimentel war im März in der Abtei Neimënster im Grund zu Gast, um die französische Ausgabe von „Exílios no Feminino“ vorzustellen. Sie hat das Buch zusammen mit sechs anderen Frauen geschrieben, die vor der Diktatur geflohen waren und in der Diaspora gegen sie gekämpft haben.

Irene Flunser Pimentel in Neimënster.
Irene Flunser Pimentel in Neimënster.  Foto: Anouk Antony

Paris war das Zentrum der Proteste gegen den Estado Novo. „Das Land hatte in den 1960er Jahren einen Massenexodus von Menschen erlebt, die vor der Diktatur und vor allem vor dem Krieg fliehen wollten“, erklärt sie. „Paris war eine naheliegende Wahl, sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Gewissensgründen. Und natürlich begann sich dort der Widerstand in der Diaspora zu organisieren, der später nach Lyon, Genf, Grenoble und Luxemburg ging.“

Im Exil wurde die Kunst zur wichtigen Waffe. „In der Masse der Menschen, die das Land verließen, gab es plötzlich eine Aufgeschlossenheit, die mit den neuen Orten zu tun hatte, an denen sie ankamen“, so die Historikerin. In Paris wurden Bibliotheken und Theatergruppen gegründet, und die Musik, die die Nelken-Revolution tragen sollte, wurde aufgenommen. Die Vorboten des Wandels erreichten die Geflüchteten – und als sie in ihre Dörfer zurückkehrten, brachten sie die Nachricht von dieser schönen, neuen, möglichen Welt. Der freien Welt.

Der Kampf gegen das Salazar-Regime wurde an zwei Fronten geführt. „Einerseits mussten die portugiesischen Auswanderer aufgeklärt werden. Das Regime in Lissabon ließ keine politische Diskussion zu, viele Menschen waren mit geringen Qualifikationen ausgewandert – dank der Politik des Estado Novo. Gleichzeitig kamen sie an und sahen, dass Ideen wie der Mai 68 im Umlauf waren. Wir mussten also politische Arbeit leisten und diese Menschen einbeziehen“, erklärte Fernanda Oliveira Marques, Mitautorin des in Neimënster vorgestellten Buches, gegenüber Contacto.

Die Autorinnen in Neimenster.
Die Autorinnen in Neimenster. Foto: Anouk Antony

Und dann gab es noch einen zweiten, sehr wichtigen Bereich: „Die Sensibilisierung der Aufnahmeländer für das portugiesische Problem war von entscheidender Bedeutung“, sagt Amélia Resende, Exilantin in in Paris und in anderen europäischen Hauptstädten. „Portugal war das letzte europäische Land, das seine Kolonien verloren hatte, daher gab es bereits ein politisches Bewusstsein für dieses Problem in Europa und dem Rest der Welt. Aber was in Portugal geschah, diese ganze Gewalt des Regimes gegen die Portugiesen, das war völlig unbekannt. Dazu herrschte fast völliges Schweigen. Und der Widerstand leistete eine sehr wichtige Arbeit, um das Bewusstsein in anderen Ländern zu schärfen. So konnten sie Druck auf unser Land ausüben.“

Und das passierte auch in Luxemburg – dank António Paiva. Die Bemühungen der von ihm gegründeten Zelle richteten sich nicht nur an die große Welle von Arbeitskräften, die ins Großherzogtum kamen. „Ein sehr wichtiger Teil unserer Tätigkeit bestand darin, die lokale Bevölkerung einzubeziehen, und das ist uns auch weitgehend gelungen. Wir hatten luxemburgische Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen, die dazu beitrugen, eine kämpferische Atmosphäre und ein Gefühl zu schaffen, das es vorher nicht gab“, sagt er, mit unüberhörbarem Stolz.

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Nach der Nelkenrevolution gingen viele dieser Luxemburger nach Südeuropa, um beim Wiederaufbau und der Bildung einer Nation zu helfen, die 48 Jahre lang im Dunkeln gelebt hatte. Zu ihnen gehörte auch Serge Kollwelter, der Gründer von ASTI, der Vereinigung zur Unterstützung von Arbeitsmigranten. Anhand seiner Geschichte und der von António Paiva lässt sich nachzeichnen, wie die Revolution auch vom Großherzogtum ausging.

Als er nach Luxemburg kam, um eine Widerstandsorganisation gegen die portugiesische Diktatur zu gründen, hatte Paiva keine Ahnung, was er vorfinden würde. „Ich stellte fest, dass es in den letzten Jahren eine große Welle von Portugiesen gab, die vor allem aus Trás-os-Montes kamen. Der einzige Hinweis, den ich auf einen Regimegegner hatte, war ein Kommunist aus dem Alentejo, der im Süden des Landes lebte“, erinnert er sich.

Foto: Archiv António Paiva

Durch ihn lernte er die erste Gruppe kennen, mit der er zu arbeiten begann: fünf Männer aus Campo Maior, die gegen den Estado Novo protestierten, und die er im Café Inès in Düdelingen traf. Im Laufe der Jahre lernte er Leute aus Alverca, Figueira da Foz, Carregado, Lissabon und Vila Franca de Xira kennen. Sie waren nicht viele, nie mehr als neun oder zehn, und sie bewegten sich sehr vorsichtig, konspirativ. Paiva zieht es heute noch vor, ihre Identität nicht preiszugeben, da keiner von ihnen heute in Luxemburg lebt. Und einige gar nicht mehr.

Im Herbst 1971 war der Plan relativ einfach: „Mir war klar, dass ich nahe bei den Massen sein musste, und das waren die Arbeiter. Also nahm ich einen Job in einer Fabrik im Norden an, die Bunker für die NATO herstellte.“ Wenige Tage nach seiner Ankunft stellte er fest, dass sich ein Streik für bessere Arbeitsbedingungen anbahnte. „Es gab viele portugiesische und irische Arbeiter. Da ich Englisch und Französisch konnte, bot ich mich als Übersetzer bei den Verhandlungen an. Das war doppelt positiv, denn ich gewann nicht nur das Vertrauen meiner Kollegen, sondern die Gewerkschaft LAV, die Vorgängerin der OGBL, lud mich ein, Gewerkschaftssekretär für die portugiesischen und spanischen Arbeitnehmer im Land zu werden.“

Nun hatte Paiva Zugang zu viel mehr Menschen und konnte den antifaschistischen Diskurs in der portugiesischen Gemeinschaft leichter verbreiten: „Ich reiste durch das ganze Land, um den Arbeitern zuzuhören, wenn sie über ihre Probleme und Arbeitsbedingungen sprachen. In dieser Zeit rekrutierte ich viele Leute, die bei der Vorbereitung von Demonstrationen und der Verteilung von ‚O Grito do Povo‘ halfen, der Zeitung, die wir mit dem CMLP herausgaben.“

Foto: Archiv António Paiva

Aber was ihn wirklich überraschte, war die Unterstützung, die er auf der luxemburgischen Seite der Gewerkschaft fand: „Es gab einen großen Diskurs gegen den Faschismus, weil das Land von Nazi-Deutschland besetzt gewesen war. Es gab hier Leute, die während des spanischen Bürgerkriegs in den internationalen Brigaden gegen das Franco-Regime gekämpft hatten. Es war eine unermessliche Unterstützung, um unsere Ziele zu erreichen. Und unser Ziel war es, das zu stoppen, zu diskreditieren, was Salazar und Marcelo Caetano geschaffen hatten: ein graues, verkümmertes, trauriges Land.“

1972 bat ihn der Präsident der Gewerkschaft, für die wichtigste Publikation der Organisation zu schreiben, die im ganzen Land verbreitet wurde. Paiva veröffentlichte den Text „Portugal: un pays riche, un peuple pauvre“. Die Nachricht vom reichen Land und seinem armen Volk  schlug ein wie eine Bombe. „Der portugiesische Konsul in Luxemburg, Mendes Costa, verlangte sofort meine Auslieferung wegen Verunglimpfung des Ansehens des Landes. Er stellte sogar einen Haftbefehl gegen mich aus. Aber die Gewerkschaft unterstützte mich und ich schrieb weiter“, erinnert sich Paiva. So wurde die Aufmerksamkeit Luxemburgs für die Portugiesen immer größer.

Die Kreuzung der Avenue Guillaume mit der Avenue du Dix Septembre in der Stadt Luxemburg auf einem undatierten Archivfoto.
Die Kreuzung der Avenue Guillaume mit der Avenue du Dix Septembre in der Stadt Luxemburg auf einem undatierten Archivfoto. Foto: Archiv António Paiva

Die Arbeit des Widerstands ging weiter. Paiva war federführend bei der Gründung von zwei Freizeitgruppen, in denen Fußball gespielt, aber auch dem Estado Novo getrotzt wurde: dem Ettelbrücker Arbeiterclub und dem 1. Mai in Mersch. Zusammen mit einigen luxemburgischen Organisationen bereitete er 1973 auf der Place d‘Armes eine Ausstellung gegen den Kolonialkrieg vor, die von einer Reihe lokaler Organisationen unterstützt wurde. Zu den enthusiastischsten Unterstützern von Paivas Rede gehörte Serge Kollwelter – ein luxemburgischer Katholik, der später die ASTI gründen sollte.

Und plötzlich steht an diesem Tag im Zentrum der Hauptstadt alles Kopf: „Eine Gruppe Portugiesen taucht auf, schlägt und tritt um sich und versucht, die ganze Veranstaltung zu zerstören. Es waren offensichtlich verdeckte PIDE-Agenten, die auf Geheiß von Mendes Costa gekommen waren, da bin ich mir sicher“, sagt er. „Der Angriff sprach sich herum, und von da an bekamen wir wieder Unterstützung aus der luxemburgischen Gesellschaft.“

Der luxemburgische Widerstand

Serge Kollwelter hatte keine Ahnung, wie die Realität des portugiesischen Volkes aussah, aber er wusste, dass viele Männer nach Luxemburg kamen – und dass er sie unterstützen musste. 1972 gründete er die „Union des Centres Cooperatifs“, aus der Jahre später die ASTI wurde. „Wir erkannten, dass es bei und mit den Einwanderergemeinschaften viel zu tun gab. Da ich Lehrer war, dachte ich, ich könnte einen Beitrag zur Integration all dieser Menschen leisten, die hierherkamen“, erzählt er an einem Frühlingsnachmittag im Garten seines Hauses.

Serge Kollwelter.
Serge Kollwelter. Foto: Gilles Kayser

Er und seine Truppe gaben Rechtsberatung, aber auch Französischunterricht und hatten ein offenes Ohr für Sorgen und soziale Probleme. „Es gab zwei Nonnen, die im Grund lebten, wo sich eine große portugiesische und kapverdische Gemeinschaft niedergelassen hatte, und die unsere Arbeit unterstützten. Aber dann gab es einen Faktor, der meine Aufmerksamkeit auf ein viel ernsteres Problem lenkte, als ich es mir vorgestellt hatte, und das hat alles verändert“, erklärt Kollwelter.

Denn 1972 verkündete der CSV-Abgeordnete Jean Spautz als Berichterstatter im Parlament, dass Luxemburg sich mit den portugiesischen Behörden darauf geeinigt hatte, im neuen Protokoll für die Anwerbung von Arbeitskräften aus Südeuropa Menschen mit kapverdischer Herkunft auszuschließen, „um Integrationsprobleme zu vermeiden“.

Kollwelter erschrak, als ihm klar wurde, was das hieß: „Das war ein klares Zeichen von Rassismus und ich fand es unerträglich. Mehrere Stimmen aus der CSV haben sich dagegen ausgesprochen, es gibt Artikel im ‚Luxemburger Wort‘, die das bezeugen“, sagt er und zeigt einen kritischen Kommentar von René Vesque, „Weißes Land Luxemburg“. Für Kollwelter, den „jungen Katholiken“, wie er sich selbst beschreibt, „war das ein Schock“.

Ein heute noch lesenswerter Kommentar des Jesuiten René Vesque aus dem „Luxemburger Wort“ vom 2. März 1973: „Ein rassistisches Gesetz“.
Ein heute noch lesenswerter Kommentar des Jesuiten René Vesque aus dem „Luxemburger Wort“ vom 2. März 1973: „Ein rassistisches Gesetz“. Foto: LW-Archiv

1973 sah er mit eigenen Augen, was in Portugal auf dem Spiel stand. „Ich hatte mich schon ein wenig politisch engagiert. An der Ausstellung auf der Place d‘Armes gegen den Krieg Portugals in den Kolonien in Afrika nahmen wir sehr aktiv teil. Aber im selben Jahr reiste ich selbst in das Land und sah mit eigenen Augen die schlimmen Auswirkungen der Diktatur. Das hat mich zutiefst berührt“, gibt er zu.

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Serge Kollwelter war Pfadfinder, dann Pfadfinderleiter. Er wollte mit seiner Gruppe ein paar Tage in Arganil verbringen, und als er zum ersten Mal dort ankam, war er fassungslos. „Das Leben war einfach, fast mittelalterlich. Und ich hatte das Gefühl, dass die Menschen an ein Regime glaubten, das sie sehr arm machte, weil sie keine andere Realität kannten als die offizielle Darstellung. Mehr als 40 Prozent waren Analphabeten. Ich hatte das Gefühl, dass es dort ein ganzes Volk gab, das großzügig und freundlich war, dem aber die Hände gebunden waren.“

Foto: Archiv António Paiva

Von da an beschloss er zu kämpfen – auf seine eigene Art und Weise. Er erinnert sich an einen Tag im selben Jahr, als die Fußballer von Vitória de Guimarães zu einem Freundschaftsspiel gegen Avenir de Beggen kamen: „Wir verteilten Flugblätter an die portugiesischen Arbeiter und riefen zu Versammlungen auf, um ihnen ihre Rechte zu erklären. Mein Bruder überreichte dem Konsul Mendes Costa eines dieser Papiere und sah ihm dabei in die Augen, ohne sich abzuwenden. Und wir zeigten diesen Menschen, dass sie nicht allein sind, dass sie Rechte haben“, sagt er begeistert. In Luxemburg, ja. Und auch in Portugal.

Der 25. April

Am „ersten ganzen und sauberen“ Tag, so definierte die Poetin Sophia de Mello Breyner Andresen den 25. April 1974, erreichte die Nachricht von der Revolution Luxemburg über das Radio. „Hey, was ist das?“, fragte António Paiva, als er die Meldungen hörte. „Ehrlich gesagt, war ich sehr vorsichtig. Außerdem sah ich in den folgenden Tagen, wie General Spínola die Führung übernahm, ein Mann des Regimes.“ Die Zweifel verflüchtigten sich nach einer Woche. Am 1. Mai desselben Jahres füllten in Rümelingen Nelken auch Luxemburger Straßen.

Erinnerungen: Das Foto zeigt die friedlichen Demonstranten in Lissabon auf einem Panzer der portugiesischen Armee.
Erinnerungen: Das Foto zeigt die friedlichen Demonstranten in Lissabon auf einem Panzer der portugiesischen Armee. Foto: Marc Wilwert

Serge Kollwelter buchte eilig eine Reise nach Südwesteuropa. Er war nicht mehr als Aufklärer unterwegs, sondern als Unterstützer der Idee, die Portugal jetzt sein könnte. Er wohnte in einem Kloster in Porto und in einem besetzten Haus in Lissabon, in der Nähe des Largo do Rato. „Ich reiste mit verschiedenen Portugiesen durch das Land, um beim Aufbau von Genossenschaften, Schulen und Gewerkschaften zu helfen“, sagt der ASTI-Gründer. „Deutsche und Schotten, Luxemburger und Italiener kamen“, erinnert er sich. Plötzlich strömte die Welt, die Lissabon nie gekannt hatte, an die Mündung des Tejo.

In den Augen Europas war das Land zu einem großen Laboratorium geworden, in dem alle Modelle getestet werden konnten.

Irene Flunser Pimentel

Historikerin Irene Flunser Pimentel spricht von einem internationalen Phänomen. „Zwischen 1974 und 1975 gab es eine Welle von ‚roten Touristen‘, die nach Portugal reisten. In den Augen Europas war das Land zu einem großen Laboratorium geworden, in dem alle Modelle getestet werden konnten. Es gab Wellen von Deutschen, die in den Alentejo kamen, um Genossenschaften zu gründen, Franzosen und Luxemburger, die im Zentrum des Landes Schulen einrichteten. Doch am 25. November 1975 endete diese weltweite Bewegung.“ Denn an diesem Tag endete die revolutionäre Phase – und als die Demokratie Einzug hielt, verblasste die linke Neugierde.

Im Sommer 1974 konnte António Paiva endlich nach Hause zurückkehren. Er und Tausende junger Männer, die desertiert oder dem Ruf zur Armee einfach nicht gefolgt waren. Im Juli, zu Beginn des Kollektivurlaubs, setzte er sich in sein Auto und fuhr zurück. Bordeaux, die Pyrenäen, das Baskenland und León. Als er in Salamanca ankam, atmete er tief durch. Vier Jahre lang war der Gedanke an Portugal in weite Ferne gerückt. Im Handumdrehen war er in Vilar Formoso: „Sobald ich mein Land betrat, hielt ich an und fing an zu weinen. Es waren nicht nur ein paar flüchtige Tränen. Ich bin völlig zusammengebrochen. Die Freiheit war da. Portugal konnte zum ersten Mal aufatmen. Ich weinte, weinte und weinte. Dann machte ich mich auf den Weg nach Covilhã, um meine Eltern zu umarmen. Die Diktatur war vorbei, verdammt. Und ich fuhr mit Tränen in den Augen und wollte nur noch tanzen.“

Foto: Anouk Antony

Dieser Artikel erschien zuerst in einem Sonderheft von Contacto zum 50. Jahrestag der Nelkenrevolution und wurde von Tom Rüdell ins Deutsche übersetzt und bearbeitet. Das Sonderheft ist derzeit in Luxemburg im Handel erhältlich. Die Artikel sind in französischer und portugiesischer Sprache verfasst.

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NICOLAS LEBLANC/ITEM POUR « LE MONDE »

Emeutes urbaines : à Mont-Saint-Martin, un jeune homme dans le coma et des interrogations sur l’intervention du RAID

Par  (Longwy, Mont-Saint-Martin (Meurthe-et-Moselle), Arlon (Belgique), envoyé spécial)

Publié le 04 juillet 2023 à 19h41, modifié le 05 juillet 2023 à 08h50

Rien qu’un mot, un geste, un soupir, un sourire… Ils attendent son réveil. Depuis vendredi 30 juin, Aimène Bahouh, 25 ans, est plongé dans le coma après qu’il a, selon ses proches, reçu à la tête un bean bag, (« sac de haricots »), un projectile sous forme de sachet de coton contenant de minuscules plombs tiré par un policier du RAID à Mont-Saint-Martin (Meurthe-et-Moselle). Catherine Galen, procureure de la République au tribunal judiciaire de Val-de-Briey, a ouvert une enquête en flagrance pour « fait de violence volontaire », confiée à l’inspection générale de la police nationale (IGPN).

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Élus de la diversité : leurs difficultés pour s’imposer en politique

La langue est citée comme la principale barrière à la participation en politique. (Illustration: adobe stock)

Luxembourgeois d’origine étrangère, Luxembourgeois racisés, étrangers devenus luxembourgeois : pas simple pour ces élus communaux au parcours singulier de s’imposer en politique, malgré les beaux discours sur la diversité.

Alors que leur mandat s’achève, cinq élus partagent les obstacles auxquels ils ont été confrontés. Loin de se décourager, tous sont prêts à rempiler.

José Vaz Do Rio
«Je me sentais légitime, mais j’ai dû renoncer»

Premier échevin à Bettendorf depuis six ans, il se présente à nouveau. (Photo: Alain Rischard)

La langue, c’est ce qui a empêché José Vaz do Rio, arrivé en tête des élections communales de Bettendorf en 2017, de s’asseoir dans le fauteuil de bourgmestre.

Originaire du Portugal et engagé de longue date au service de ses concitoyens, il a décliné le poste au lendemain du scrutin : «Je me sentais légitime, après six ans en tant que conseiller communal et avec le soutien des électeurs, mais j’ai dû renoncer. La loi est claire : les réunions du conseil doivent se tenir en luxembourgeois, et mon niveau n’est pas suffisant», reconnaît-il.

Aucune amertume cependant pour ce retraité de l’usine Goodyear de Colmar-Berg, car il estime que «diriger une commune est avant tout un travail d’équipe». C’est donc en tant qu’échevin qu’il a mené ces six ans de mandat, ce qui occupe une grande partie de son temps – au grand dam de son épouse.

L’envie de se rendre utile

Cette année, il se lance à nouveau dans la course, à 66 ans et sans étiquette, même s’il se sent proche des idées du DP. Au Luxembourg depuis 35 ans, José Vaz do Rio n’a jamais été confronté à la xénophobie, au contraire : «Les gens ont toujours été formidables, en m’acceptant à bras ouverts», assure cet habitant de Gilsdorf, désormais titulaire de la double nationalité.

Il s’est toujours senti redevable, guidé par l’envie de se rendre utile : «C’est comme ça que je suis heureux», sourit-il. Alors, forcément, le manque d’intérêt des étrangers pour les élections le désole : «Voter ne les intéresse pas, ils me le disent. C’est triste. Ils pensent que ça ne changerait pas grand-chose, mais c’est faux», explique-t-il.

Sa grande fierté, le jumelage de Bettendorf avec sa ville natale au Portugal en 2019 et les nombreux échanges interculturels qui en découlent.

Jana Degrott
«J’ai eu le sentiment de ne pas être à ma place»

Conseillère DP à Steinsel, elle briguera aussi un siège de députée en octobre. (Photo : Philippe Reuter)

Propulsée au conseil communal de Steinsel à tout juste 21 ans, Jana Degrott a pris ses distances avec la vie publique, le temps de digérer ces six années où elle a été beaucoup exposée.

«Je n’en fais pas un secret, je traverse une dépression liée à mon engagement politique», confie cette activiste à plein temps qui boucle actuellement ses études de droit.

«Ces derniers mois, j’ai ressenti une forte anxiété en allant au conseil. J’ai eu le sentiment de ne pas être à ma place.» La conséquence directe de microagressions répétées et d’attaques racistes à chacune de ses apparitions dans les médias.

«Je reçois systématiquement des menaces de mort, ou alors on me dit de retourner dans mon pays… Ça fait mal», soupire la jeune femme, rappelant au passage qu’elle n’a rien d’une étrangère, puisque son père est luxembourgeois et qu’elle a grandi ici.

Pas de quoi décourager cette battante, auréolée l’an passé du titre de «Leader» par le président Obama et déterminée à ouvrir l’espace politique : «Il y a beaucoup d’opportunités pour les personnes de couleur, car nous sommes sous-représentées. Or, il est crucial que chacun puisse apporter sa voix lors des décisions.»

Elle ne laissera plus rien passer

Elle regrette aussi un certain manque de renouveau dans les partis, où on peut croiser des dynasties de politiciens – «un grand problème dans la politique luxembourgeoise», estime-t-elle – pointant une fuite des talents.

«Beaucoup de gens brillants préfèrent s’investir dans le secteur privé, la politique ne fait pas partie de leurs plans. Ils sont convaincus que ce n’est pas leur place, parce qu’aucun de leurs proches n’évolue dans ce milieu», analyse Jana Degrott.

Aujourd’hui, elle dit se sentir mieux armée face aux critiques et ne remet pas en cause ses projets : décrocher un nouveau mandat local et entrer à la Chambre des députés en octobre.

«J’ai trop fait l’erreur de normaliser des choses qui ne sont pas tolérables : je ne laisserai plus rien passer», prévient-elle, soulignant que «la plupart des gens ont un grand cœur, c’est juste qu’on les entend moins».

Victoria El Khoury
«Le Luxembourg doit savoir ce qu’il veut»

Conseillère LSAP à Strassen, elle débarque à Junglinster. (Photo : Alain Rischard)

Son nom était évoqué pour le poste de bourgmestre à Strassen, sa ville d’adoption depuis 15 ans, mais cette conseillère communale socialiste de 45 ans a eu besoin de «renouveau» : il y a six mois, elle a fait ses valises direction Junglinster, avec l’envie de poursuivre son engagement politique.

Un sacré challenge puisque, dans sa nouvelle commune, elle est encore peu connue, et le LSAP fait partie de l’opposition. «Je veux être élue, oui, mais je m’investirai pour les habitants quoi qu’il arrive, parce que ça fait partie de moi», confie celle qui a grandi au Liban pendant la guerre et en a gardé un profond sens de la solidarité et de l’entraide.

Dès son arrivée au Luxembourg en 2007, cette chercheuse en biologie cellulaire et moléculaire au Luxembourg Institute of Health a intégré de nombreuses associations «pour rencontrer des gens», animant aussi des cours de cuisine, si bien que son visage est vite devenu familier.

«On n’est pas sur un pied d’égalité»

Le bourgmestre la convainc de se présenter aux élections en 2017 et elle débarque au conseil communal grâce à un score impressionnant. «Je me suis dit que j’allais assumer cette responsabilité, même si je ne parlais pas le luxembourgeois», raconte-t-elle, mettant le doigt sur le sujet sensible de la langue.

«C’est très frustrant, car on n’est pas sur un pied d’égalité. On peut même parler de discrimination linguistique : la loi communale stipule que le conseil doit se tenir en luxembourgeois et que nul ne saurait demander une traduction, alors que ça se fait dans n’importe quel autre événement aujourd’hui», souligne Victoria El Khoury, qui y voit un véritable paradoxe.

«Alors qu’on demande aux 50 % d’étrangers qui peuplent ce pays de s’investir en politique, ceux qui sont élus doivent laisser leur place?», interroge-t-elle. «Le Luxembourg doit savoir ce qu’il veut.»

Si elle n’a pas subi d’attaques, elle rapporte tout de même quelques piques : «Il est arrivé qu’on me réponde en luxembourgeois pour s’assurer que je ne puisse pas répliquer», regrette l’élue, qui dit consacrer beaucoup de temps à préparer les dossiers.

«Ça ne m’a pas découragée, même si ça a été dur parfois», reconnaît-elle.

Eduarda Macedo
«Il y a toujours ce plafond de verre»

Conseillère déi gréng à Luxembourg depuis 2021, elle se sent mieux armée pour cette campagne. (Photo : Hervé Montaigu)

À 63 ans, cette jeune retraitée des institutions européennes vient de passer un an et demi au conseil communal de la ville de Luxembourg, dans le fauteuil laissé vacant par Carlo Back.

Une nouvelle casquette qu’elle a enfilée non sans appréhension : «Je ne parlais pas luxembourgeois quand j’ai pris mon mandat. Aujourd’hui, j’ai un meilleur niveau, car j’ai pris des cours particuliers, mais je m’exprime toujours en français», confie-t-elle.

Ce qui a fait grincer des dents certains collègues, dès ses premiers pas : «Mon discours d’assermentation était en français et ça a choqué. La bourgmestre a dû rappeler que j’en avais parfaitement le droit», raconte celle qui a choisi de mettre son énergie ailleurs que dans l’apprentissage intensif de la langue. «Je m’investis plutôt dans la connaissance des dossiers et le contact avec ma communauté.»

En s’engageant en politique, elle tenait à montrer aux étrangers que c’est possible, mais dit aujourd’hui comprendre ceux qui font marche arrière : «Moi j’ai du soutien, des collègues qui assument avoir pris ce risque. Je ne dépends pas de la politique, j’ai aussi les moyens de payer un professeur de luxembourgeois. Et ça ne me gêne pas de passer parfois pour une idiote», sourit-elle.

Car il y a des fois où elle ne comprend pas tout et répond à côté. Ou des conversations en groupe sur mobile qui vont bien trop vite pour elle, avec leur lot d’abréviations. «Il faut oser dire qu’on n’a pas compris et c’est embarrassant.»

«La peur de la perte d’identité est très forte»

Pour elle aussi, la langue constitue le principal obstacle à sa participation à la vie politique. «Cette loi qui interdit toute traduction, il faut y réfléchir sérieusement», lance cette traductrice-interprète de formation.

«Le multilinguisme est pratiqué partout dans le pays, mais il y a toujours ce plafond de verre entre la vie quotidienne et le pouvoir politique, où se prennent toutes les décisions.»

Selon Eduarda Macedo, c’est donc le cadre législatif qui est à revoir, pour rendre accessibles à tous les discussions au niveau politique. Un pas que le Luxembourg n’est pas prêt à franchir : «La peur de la perte d’identité est très forte. Mais les deux ne sont pas incompatibles. C’est même tout le contraire», estime-t-elle.

Natalie Silva
«D’autres ont ouvert la voie avant moi»

Bourgmestre sortante de Larochette, elle veut se concentrer sur sa commune et renonce aux législatives. (Photo : dr)

À chaque nouvelle rencontre, ça ne loupe pas : on lui parle en français. Cette native d’Ettelbruck se fait alors un plaisir de répondre dans un luxembourgeois parfait.

À 42 ans, la bourgmestre de Larochette ne s’étonne plus qu’on la prenne encore pour une étrangère, elle s’en amuse. Première femme aux racines cap-verdiennes à accéder à ce poste, son engagement politique lui a toujours paru «naturel» : «C’était une évidence pour moi de rendre à la communauté un peu de ce qu’elle m’a donné», confie cette mère d’un ado de 16 ans.

Souvent qualifiée de modèle, Natalie Silva n’a pourtant pas l’impression d’avoir fait quelque chose d’exceptionnel : «J’ai toujours considéré que la politique m’était ouverte. D’autres Luxembourgeois d’origine étrangère ont montré la voie avant moi», souligne-t-elle, citant l’ancien ministre de la Justice Félix Braz.

«On a refusé de me serrer la main»

À un détail près : sa couleur de peau, qui fait d’elle une cible permanente. «Oui, du racisme au Luxembourg, il y en a, et il y en a toujours eu. Je ne suis pas épargnée. Certaines personnes ont été jusqu’à refuser de me serrer la main lorsque j’étais échevine. Mais si je m’arrête à ça, je ne fais plus rien», tranche-t-elle, avant d’ajouter qu’elle ne retient que le positif.

Comme le jour où une citoyenne sceptique s’était ravisée, et l’avait félicitée pour son bon travail. Le manque de diversité en politique, elle le regrette, et pointe le multilinguisme qui ne facilite pas les choses : «À la commune comme à la Chambre, tous les débats se déroulent en luxembourgeois, tandis que l’administratif est en français. Il faut donc maîtriser au moins ces deux langues», note-t-elle.

Il faut savoir composer : «Notre équipe communale compte un Belge qui comprend assez le luxembourgeois pour suivre, mais passe au français dès qu’il doit exprimer son opinion. C’est le compromis qu’on a trouvé», explique-t-elle.

Elle y voit une forme d’«incohérence» du système politique, qui devrait pouvoir inclure les étrangers. Natalie Silva sera à nouveau candidate le 11 juin prochain, mais renonce à briguer un mandat de député.

«Il n’est pas envisageable de retourner en Afghanistan»

Paperjam 22 août 2021
Témoignage

«Il n’est pas envisageable de retourner en Afghanistan»



Kaboul, Afghanistan, le 18 août 2021. (Photo: John Smith/Shutterstock)

Kaboul, Afghanistan, le 18 août 2021. (Photo: John Smith/Shutterstock)

Les Afghans du Luxembourg assistent avec horreur à la chute de leur pays aux mains des talibans, craignant pour leurs familles au pays. Ceux qui attendent toujours leurs papiers, comme Tahera Mohamadi, s’inquiètent d’un avenir incertain.

«Ce fut un chemin long et périlleux pour arriver jusqu’ici», témoigne Tahera Mohamadi. Elle est arrivée au Luxembourg avec son mari et sa fille il y a près de quatre ans, transférés d’un camp de réfugiés en Grèce.

Leur demande d’asile a été refusée à deux reprises par les autorités luxembourgeoises, mais l’affaire est toujours en cours de traitement devant les tribunaux. Mme Mohamadi et sa famille craignent évidemment un nouveau rejet. «Il n’est pas envisageable de retourner en Afghanistan», a-t-elle déclaré, dans une interview accordée à Delano.

L’un de ses frères est arrivé au Luxembourg en 2015, mais d’autres membres de la famille ont dû retourner en Afghanistan. «Ils sont effrayés», déplore-t-elle. «La situation est très difficile, surtout pour les femmes et les filles, ainsi que pour les minorités.»

Des menaces sur les minorités ethniques et religieuses

Tahera Mohamadi et sa famille font partie des Hazaras, un groupe ethnique et religieux minoritaire considéré comme l’une des communautés les plus opprimées et dépossédées du pays.

Amnesty International a déclaré voici quelques jours que les talibans avaient massacré neuf hommes hazaras après avoir pris le contrôle de la province de Ghazni le mois dernier, se référant à des témoins oculaires. L’organisation s’attend à ce que davantage de personnes aient été tuées. «Les minorités ethniques et religieuses restent particulièrement menacées sous le régime taliban en Afghanistan», a déclaré la secrétaire générale Agnès Callamard, dans un communiqué.

«Quand vous êtes Hazara, il est clair que votre visage est différent et qu’ils choisissent facilement les gens et les tuent sans poser de questions», explique Mme Mohamadi. L’attention des médias sur Kaboul cache des crimes commis dans d’autres régions, assure-t-elle, ajoutant qu’elle ne croyait pas un mot des promesses des talibans à la télévision.

Un porte-parole des radicaux talibans lors d’une conférence de presse cette semaine a assuré que les talibans étaient attachés aux droits des femmes en vertu des lois de la charia, ajoutant qu’elles seraient autorisées à travailler et à étudier «dans certains cadres». Le groupe a également promis l’amnistie pour les représentants du gouvernement. «Ils essaient de montrer qu’ils ont changé. Mais je pense que ce n’est qu’une fable», s’insurge Tahera Mohamadi. «Ce sont des groupes différents dans différentes villes. Le groupe de Kaboul essaie de se montrer sous un meilleur jour.»

Une patrie, mais plus une maison

L’Afghanistan est la patrie de Mme Mohamadi, mais elle ne la considère plus comme sa maison.

Née en Iran, sa famille a décidé de retourner en Afghanistan quand elle avait 15 ans. «Pour la première fois, j’ai vu mon pays», se souvient-elle. «C’était une vie très difficile en Afghanistan après la guerre. Mais nous l’avons accepté pour ne plus être des réfugiés.» Elle sera diplômée de l’université en 2011. En tant qu’architecte, elle a travaillé sur un projet de restauration du palais Darul Aman à Kaboul. Les talibans ont lancé une série d’attaques contre le bâtiment en 2012. En raison de la discrimination subie en tant que Hazara et de préoccupations pour leur sécurité, la famille a décidé de fuir. «Quand vous voyez que votre vie est, encore une fois, en danger, vous choisissez de partir.»

Tahera Mohamadi a travaillé à la restauration du palais Darul Aman à Kaboul avant de fuir le pays. (Photo: Shutterstock)

Tahera Mohamadi a travaillé à la restauration du palais Darul Aman à Kaboul avant de fuir le pays. (Photo: Shutterstock)

Elle envisagerait de retourner en Afghanistan si elle et sa famille pouvaient le faire en toute sécurité. À l’heure actuelle, cependant, elle cherche des moyens de faire sortir sa mère du pays. «Si j’avais des papiers et un travail ici, je pourrais les soutenir.»

Le ministre luxembourgeois des Affaires étrangères Jean Asselborn (LSAP) s’est prononcé contre l’expulsion des demandeurs d’asile vers l’Afghanistan. Son ministère n’a pas répondu aux questions de Delano cette semaine pour savoir si les demandes de protection internationale seraient systématiquement approuvées à la suite du conflit.

Les dirigeants de l’UE ont déclaré qu’il fallait proposer une réponse commune à l’arrivée potentielle de demandeurs d’asile à ses frontières. Dans le même temps, les pays membres sont depuis longtemps divisés sur la politique migratoire à appliquer. Le type d’accord nécessaire pour empêcher une répétition de la crise des réfugiés syriens semble hors de portée. «Il est très difficile pour les personnes qui vivent ici d’imaginer repartir là-bas», assène Tahera Mohamadi, au moment où les gouvernements occidentaux se disputent pour savoir qui sortir d’Afghanistan et comment.

Vingt années perdues

Une génération de jeunes gens en Afghanistan a grandi sans les talibans au pouvoir, et alors qu’il y avait des attaques et des conflits, ils ont bénéficié de plus de libertés, d’une éducation, d’une presse indépendante, et plus encore. «Quand j’imagine la situation, c’est un cauchemar pour moi. Et ce sera bientôt pire encore», regrette Tahera Mohamadi.

Beaucoup de choses ont changé dans le pays depuis 2001. «Les gens connaissent l’extérieur, ils sont éduqués. Les enfants allaient à l’école. Nous avons pu voir beaucoup de changements, beaucoup de progrès. Mais je pense que nous avons reculé de 20 ans.»

Des vidéos largement diffusées sur les réseaux sociaux cette semaine ont montré des femmes descendant dans les rues de Kaboul pour protester contre les talibans et exiger le respect de leurs droits. Reste à savoir si ces poches de l’opposition pourront survivre. Elles pourraient également prospérer une fois que le choc de l’avance rapide des talibans s’atténuera.

Les dirigeants occidentaux ont appelé les talibans à respecter les droits humains, à permettre l’évacuation en toute sécurité des personnes de l’aéroport de Kaboul. «Mais ils font ce qu’ils veulent», dit notre interlocutrice.

Tahera Mohamadi estime que les talibans ne devraient pas être reconnus comme le gouvernement officiel de l’Afghanistan. «Parce que ce sont les mêmes talibans qu’il y a de nombreuses années; ce sont exactement les mêmes.»

Cet article a été écrit pour  Delano , traduit et édité pour Paperjam.