Vor fünf Jahren kamen Tausende Geflüchtete ins Land. Wo stehen sie heute? Der Afghane Khadem hat Französisch und Luxemburgisch gelernt. Er hat einen festen Job gefunden. Um seinen wirklichen Traum zu erfüllen, muss er Luxemburg aber vielleicht wieder verlassen.
Sobald Khadem Hussain Karimyar ein Krankenhaus betritt, ist er glücklich. Schon als kleiner Junge wusste er, dass er einmal Chirurg werden möchte. „Herr Doktor“, nennen sie ihn, sein Vater, seine Mutter und seine zwei jüngeren Schwestern. Aus ihren Stimmen sprechen Bewunderung und Stolz, aber auch großer Schmerz. Lange ist es her, dass der junge Afghane ihre Worte nicht durch eine Telefonleitung hören musste. Ebenso lange ist es her, dass sein Medizinstudium kein ferner Traum, sondern Wirklichkeit war.
Noch im Juni 2015 studierte Khadem Hussain Karimyar Medizin im zweiten Jahr an der Universität in Masar-e Scharif in Afghanistan. Er war Klassenbester, hatte viele Freunde. Doch dann musste er gehen. Wie für viele andere, vor allem junge Männer in Afghanistan, war das seit Jahren vom Bürgerkrieg gebeutelte Land auch für ihn nicht mehr sicher. Mit dem kontinuierlichen Rückzug ausländischer Truppen, nahmen auch bewaffnete Aufstände, Anschläge und Vertreibungen wieder zu.
Khadem floh zunächst in den Iran, mit Hilfe von Schleppern dann über die Türkei weiter nach Griechenland. Im Zickzackkurs ging es durch Südosteuropa, nach einem kurzen Zwischenstopp in Deutschland landete er letztlich in Luxemburg. „Ein kleines, offenes Land mit einer neuen Uni“: das klang für Khadem vielversprechend. Mit der Kleidung, die er am Körper trug, und etwas Geld in der Hosentasche stand er im Oktober 2015 auf dem Vorplatz des hauptstädtischen Bahnhofes und suchte die Polizei.
Eine Ankunft mit Hindernissen
2.447 Anträge auf Asyl wurden 2015 in Luxemburg gestellt, so viele in einem einzigen Jahr wie seit 1999 nicht mehr. Damals flüchteten knapp 3.000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Luxemburg. 2015 kamen die Menschen nun vornehmlich aus Syrien und dem Irak, auch aus dem Kosovo und aus Afghanistan. Ein Feldbett in dem von der Regierung eilig aufgebauten Erstaufnahmezentrum in der „Halle 6“ der LuxExpo war auch Khadems erste Schlafstätte – im Herbst 2015, in einem winzigen Land im Herzen von Europa, fast 7.000 Kilometer weg von Zuhause.
Auch mit Anfang 20 sind die meisten ja noch kleine Jungs. Sie sehnen sich nach Ruhe, Geborgenheit, einem Familienersatz.“Marianne Donven
Khadem war 22 Jahre alt, als er einen Asylantrag bei der Immigrationsbehörde stellte. Nach kurzem Hin und Her zog er in das heute nicht mehr existierende Flüchtlingsheim in Rippig in der Nähe von Junglinster. Mit knapp zwei Dutzend weiteren männlichen Afghanen, auf drei Zimmer verteilt. Alle Anfang 20, alle alleinstehend. Einer hört Musik, einer raucht, ein anderer telefoniert, zwei diskutieren, Khadem versucht, zu lernen. Ein abgebrochener Lebenslauf, ein Neuanfang in einem fremden Land: Das sind für ihn keine Gründe, seinen Plan, Medizin zu studieren, aufzugeben. Er las, was er finden konnte, lernte Sprachen. So schnell wie möglich wollte er die Anforderungen für ein Medizinstudium in Luxemburg erfüllen.
Doch die Situation im Flüchtlingsheim wurde immer unerträglicher. „Es war zu eng, es gab viel Streit, ich wollte da raus. Und überhaupt, wie soll ich mich in Luxemburg einleben, wenn ich nur mit Afghanen zusammen bin? Wie soll ich Luxemburgisch und Französisch lernen, wenn es keiner mit mir spricht?“ Er war unglücklich und wunderte sich über die Entscheidungen der Luxemburger Behörden.
Neue Familie und neue Chancen
Von einem „unglücklichen Einzelfall“ spricht eine Mitarbeiterin des Nationalen Aufnahmeamtes (ONA). Bei der Verteilung auf die Flüchtlingsheime sei man stets sehr darauf bedacht, für eine kulturelle Durchmischung zu sorgen. Statt nach Herkunftsländern, werde eher nach Familienzusammensetzungen, dem Grad an Selbstständigkeit oder auch der Abhängigkeit von medizinischer Hilfe ausgewählt. Natürlich immer im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Plätze in den unterschiedlichen Strukturen. Für die Zusammensetzung in Rippig hat die Mitarbeiterin keine Erklärung.
Von der Flucht über die Anpassung zur Integration: Der 27-jährige Khadem hat sich nach seiner Ankunft in Luxemburg vor fünf Jahren durchgekämpft – und hat seinen Lebenstraum stets vor Augen. (Foto: Eric Engel)
Doch Khadem hatte Glück. Als einer von rund 150 Geflüchteten konnte auch er dank der 2016 gegründeten Bürgerinitiative „Oppent Haus – Open Home“ in einem Privathaushalt untergebracht werden. Nach wenigen Monaten im Asylantenheim zog er zu einer Familie nach Junglinster. „Auch mit Anfang 20 sind die meisten ja noch kleine Jungs“, sagt Marianne Donven, eine der Begründerinnen der Initiative. „Sie sehnen sich nach Ruhe, Geborgenheit, einem Familienersatz“.
Khadem bekam sein eigenes Zimmer, aß, wenn ihm danach war, mit Tania, Thierry und ihren zwei Kindern zu Abend, lernte Luxemburgisch und Französisch. Mit ihnen feierte er den Tag, an dem sein Antrag bewilligt wurde. Und sie waren es auch, die ihm dabei halfen, die Türen zum Luxemburger Bildungssystem aufzustoßen.
Interkulturelle Herausforderungen
Thierry erinnert sich noch gut an das mulmige Gefühl, das er vor dem ersten Treffen mit Khadem hatte. „Man hört ja so einiges in den Medien“, sagt er. Von interkulturellen Herausforderungen, unterschiedlichen Gewohnheiten, gegenseitigem Unverständnis. Trotz guten Willens auf beiden Seiten. Hinzu kam, dass die Luxemburger Behörden ihnen das Leben schwer machten. „Wir hatten einen Zirkus mit dem OLAI“, erzählt seine Frau Tania. „Sie wollten uns tatsächlich davon abhalten, die Geflüchteten im Heim zu besuchen. Dies sei den Organisationen vorbehalten.“
Davon ließen Thierry und Tania sich aber nicht abschrecken. Khadem war ihnen sofort sympathisch, seine gute Kinderstube war ihm anzumerken. Er beeindruckte sie durch sein fließendes Englisch, seine Höflichkeit und seinen Ehrgeiz. Als Thierry ihm dann nach mehrwöchigen gemeinsamen Aktivitäten anbot, zu ihnen zu ziehen, war es Khadem, der zögerte. „Warum helfen sie mir? Warum soll ich das Angebot annehmen“, habe er sich gefragt. Heute ist er nicht nur dankbar für die eineinhalb Jahre gemeinsam, sondern benutzt das Wort Familie, wenn er von Thierry und seiner Frau Tania spricht.
Tania beginnt ihre Sätze gerne mit den Worten: „Ich bin ja nicht seine Mutter“. Ihr ist anzumerken, wie wichtig es ihr ist, nicht übergriffig zu wirken. Zu helfen, ohne sich aufzudrängen, Entscheidungen zu akzeptieren, obwohl es ihrer Meinung nach die falschen sind, das sei nicht immer einfach, erzählt die Luxemburgerin. „Letztlich muss er seinen eigenen Weg gehen“, sagt sie.
Integrationsklassen als Sprungbrett
Sicherlich hätte sie es gerne gesehen, wenn er seine Ausbildung zum Krankenpfleger am technischen Gymnasium abgeschlossen hätte. Es in einem völlig fremden Land bis dahin geschafft zu haben, war doch schon ein Erfolg. Und er hätte zumindest in dem Bereich arbeiten können, in dem er sich so wohl fühlt. Andererseits: Soll er sich zurückstufen lassen? Mit weniger zufrieden geben, nur weil er aus Afghanistan kommt? „Ich habe ihn immer dafür bewundert, dass er an seinem Traum, Medizin zu studieren, festhält“, sagt Thierry, „auch wenn sein Traum schwer zu verwirklichen ist“.
Kinder spielen Fußball auf einer Straße am Stadtrand von Masar-e Scharif, im Norden Afghanistans: Von hier aus machte sich Khadem Hussain Karimyar im Sommer 2015 auf nach Europa, mit der Hoffnung auf ein neues – und vor allem sichereres – Leben. (Foto: Andrew Quilty/ILO)
„Wir versuchen, differenziert auf jeden Schüler und jede Schülerin einzugehen und je nach individuellem Projekt einen Plan zu finden“, erklärt Jos Bertemes, Direktor der „Ecole Nationale pour Adultes“, die auch Khadem eineinhalb Jahre besuchte. Die Schule, die bis August 2018 noch den Namen „Ecole de la deuxième chance“ trug, ermöglicht es vor allem Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Diplome zu erwerben, die ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu einer Berufsausbildung oder zu Universitätsstudien vereinfachen sollen. Besonders die Integrationsklassen richten sich an junge Einwanderer, da ihr Fokus auf dem Erwerb der französischen und der luxemburgischen Sprache liegt.
Khadem wurde anschließend am „Lycée Technique pour Professions de Santé“ aufgenommen. Er machte mehrere Praktika, in den Krankenhäusern in Kirchberg und Esch/Alzette sowie bei einem Zahnarzt. Als ihm dann seine allgemeine Hochschulreife aus Afghanistan vom Ministerium anerkannt wurde, brach er die Ausbildung zum Krankenpfleger ab. „Es war nicht das Richtige für mich“, sagt Khadem. „Vielleicht war er dem Druck nicht ganz gewachsen“, sagt Tania.
Teil einer Erfolgsgeschichte
Heute steht Khadem im Eingangsbereich des Restaurants „Chiche!“ in Limpertsberg. Er sieht seriös aus. Schwarzes, perfekt gebügeltes Hemd, gepflegter Haarschnitt, etwas Gel, aber nicht zu viel. Kunstvoll rasierter Bart. Um den Hals eine silberne Kette, ein Andenken an seine Mutter.
„Es tut mir leid, dass er hier im Restaurant steht, anstatt Medizin zu studieren“, sagt Marianne Donven, eine der Teilhaberinnen der „Chiche!“ sarl. Sie kennt Khadem schon lange, seit Anfang 2018 arbeitet er im Restaurant. Was als kleines Pilotprojekt auf wenigen Quadratmetern in Hollerich begann, ist heute nicht nur das Vorzeigeprojekt für Inklusion von Geflüchteten schlechthin, sondern auch ein sich rasant vergrößerndes Business. 43 Angestellte, überwiegend Geflüchtete, verpflegen etwa 2.000 Kunden pro Woche in zwei, bald drei Restaurants in Luxemburg, Esch und ab Januar auch in Leudelingen. Durch die Pandemie wurde der Erfolg zwar gebremst, aber nicht aufgehalten.
Wenn ich nicht Arzt werde, dann bin ich auch nicht mehr Khadem.“Khadem Hussain Karimyar
Khadem steigt mit auf. Vor einem Monat haben die Geschäftsführer ihm die Verantwortung für den gesamten Saal in Limpertsberg übertragen, für den Empfang, den Service und die Kasse. Mit einem freundlich zurückhaltenden Lächeln begrüßt er die Gäste, gibt jedem Einzelnen das Gefühl, besonders willkommen zu sein. Die französischen Höflichkeitsfloskeln beherrscht er aus dem Effeff, kein Wort klingt gekünstelt, so als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Doch wenn es nach Khadem geht, wird er irgendwann das schwarze Hemd gegen den weißen Kittel eintauschen. All das hier ist nur vorübergehend. „Wenn ich nicht Arzt werde, dann bin ich auch nicht mehr Khadem.“
Hohe sprachliche Hürden
Bis letztes Semester konnte man an der Universität Luxemburg nur das erste Jahr Medizin studieren. Danach wurden die Studierenden an Universitäten im Ausland vermittelt, um dort ihr Studium abzuschließen und gegebenenfalls eine Spezialisierung zu absolvieren. Seit diesem Herbst gibt es nun das Angebot, einen Bachelor-Abschluss in Medizin an der Uni Luxemburg zu erreichen. Rund 25 Studenten haben vor wenigen Tagen begonnen, die Kurse zu besuchen. Khadem ist nicht dabei.
Khadem Hussain Karimyar hat schnell Karriere im Restaurant „Chiche!“ gemacht. Dennoch kann es sein, dass er dieser bald ein Ende setzt und Luxemburg verlässt, um in einem anderen Land Medizin zu studieren. (Foto: Eric Engel)
Seine Aufnahme zum Medizinstudium an der Universität Luxemburg scheiterte an den hohen Sprachanforderungen. Während er in Englisch und in Französisch mittlerweile das Niveau erreicht hat, fehlen ihm weiterhin grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. „Warum muss ein guter Arzt Deutsch können?“ fragt er und verweist darauf, dass die Kurse ohnehin überwiegend auf Französisch und Englisch abgehalten würden. „Die Universität will mir keine Chance geben.“
Sowohl ein in Luxemburg anerkanntes Abitur im Bereich der Naturwissenschaften als auch hervorragende Sprachkenntnisse in Deutsch, Französisch und Englisch sind verpflichtend, um für das Medizinstudium in Luxemburg überhaupt in Frage zu kommen. Diese hohen Voraussetzungen führten dazu, „dass sehr wenige Studenten aus anderen europäischen Staaten oder aus Nicht-EU-Staaten in diesem Studiengang angenommen werden“, heißt es hierzu aus dem Hochschulministerium.
Traum noch nicht aufgegeben
Ende des Jahres wird Khadem voraussichtlich die luxemburgische Staatsbürgerschaft erhalten. Für den Test haben seine Sprachkenntnisse locker gereicht. Dann ist er Luxemburger und kann sich theoretisch an Universitäten in ganz Europa einschreiben. Und er kann eine Studienbeihilfe vom Luxemburger Staat beantragen. Für ein Medizinstudium würde er seine mühsam aufgebauten Zelte in Luxemburg abbrechen. In Maastricht, Brüssel oder Straßburg noch einmal von vorne beginnen. Ob er dann, nach einem Studium in einem anderen Land, dauerhaft nach Luxemburg zurückkommen wird, steht in den Sternen.
Khadem war schon lange nicht mehr in Junglinster. Auch der letzte Anruf liegt Monate zurück. Zu den beiden Kindern der Familie hat er trotz gleichen Alters und vieler gemeinsamer Erinnerungen keinen Kontakt mehr. Er legt die Stirn in Falten, ein bisschen schlechtes Gewissen ist ihm durchaus anzumerken. Das brauche er doch nicht zu haben, meint hingegen Thierry. Wege kreuzen sich und gehen dann auch wieder auseinander. So sei das nun einmal im Leben.
Ein Großteil der Geflüchteten, die 2015 ins Land kamen, waren Jugendliche. Haben sie einen Ausbildungsplatz gefunden, einen Job? Eine Zwischenbilanz VON ARNFRID SCHENK Die Zeit 19.08.2020
Im Herbst 2018 wird Felix Winkler klar, dass da etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte. Er sieht sich gezwungen, Alarm zu schlagen. Winkler ist Schulleiter der Gewerblichen Schulen in Stuttgart. Seine Eindrücke sowie die von Lehrern und Rektorenkollegen verdichten sich zu einem besorgniserregenden Gesamtbild: Die Sprachdefizite der Geflüchteten, die als Auszubildende in den Klassen der Stuttgarter Berufsschulen sitzen, sind so gewaltig, dass ein normaler Unterricht kaum möglich ist.
Winkler will es genau wissen und initiiert Deutschtests an allen 21 Berufsschulen der Stadt. Das Ergebnis ist noch verheerender als befürchtet: Von den 1000 neu zugewanderten Auszubildenden sind auch nach zwei oder drei Jahren in Deutschland nur 116 in der Lage, sich an einer Fachdiskussion zu beteiligen, 40 Prozent der Lehrlinge erreichen gerade einmal die Sprachniveaus A1 und A2. Rudimentäres Deutsch, das nicht ansatzweise den erforderlichen Kenntnissen entspricht. Fachunterricht ist so nicht machbar.
Die Schulleiter wenden sich an die Stadt, warnen, dass die Ausbildung von fast der Hälfte der Azubis mit Fluchthintergrund zu scheitern drohe: Sie würden die schriftlichen Abschlussprüfungen nicht schaffen. Die für Bildung zuständige Bürgermeisterin spricht von einer »Zeitbombe«.
Felix Winkler, Leiter der Schule für Farbe und Gestaltung in Stuttgart-Feuerbach, erzählt das anderthalb Jahre später an einem Julitag kurz vor den Sommerferien. 70 Flüchtlinge besuchen seine Schule, in manchen Klassen stellen sie fast die Hälfte der Schüler. Winkler sagt: »Vieles wurde am Anfang zu rosig gemalt.«
Dieser Anfang war der Sommer 2015. Vor fünf Jahren beantragten in Deutschland 477.000 Menschen Asyl, 2016 waren es 746.000. Es waren die größten Zuzüge seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Die meisten Menschen kamen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, dem Iran und Eritrea. Ein Großteil von ihnen zwischen 18 und 24 Jahren alt, rund 280.000 – schon zu alt für eine allgemeinbildende Schule; eine Ausbildung war der naheliegende Weg in den Arbeitsmarkt.
Die Euphorie des Anfangs war groß, die Wirtschaft hoffte auf Fachkräfte von morgen. Allen voran der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche: Es sei eine Herkulesaufgabe, die Flüchtlinge aufzunehmen, »aber im besten Fall kann es auch eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder werden«. Die Flüchtlinge kamen in einer Zeit, in der viele Lehrstellen in Deutschland unbesetzt blieben, 37.000 waren es allein 2015. Handwerks- und Handelskammern, Unternehmen, Behörden, das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesagentur für Arbeit gründeten Initiativen, um die Geflüchteten in eine Ausbildung zu bringen.
Und heute? Wie sieht es aus, fünf Jahre nach Angela Merkels »Wir schaffen das!«? Wie kommen die jungen Geflüchteten zurecht in Ausbildung und Berufsschulen? Der Schulleiter Felix Winkler ist in der Zwischenzeit zuversichtlicher. Die Stadt Stuttgart hat rasch reagiert, einen Ausbildungsgipfel organisiert, Modellprojekte gestartet und drei Ausbildungsmanager eingestellt. Sie sollen die Geflüchteten zum Berufsabschluss begleiten, eine Verbindung zwischen Schule und Betrieb schaffen. Ihre wichtigste Aufgabe: passende Sprachkurse mit berufsbezogenen Inhalten finden. Und – nicht einfach – die Betriebe davon überzeugen, dass sie ihre Azubis für zusätzliche Deutschkurse freistellen.
Das Programm zeige Wirkung, berichtet Winkler, das Sprachniveau verbessere sich, noch langsam, aber spürbar. Die Motivation der Schüler sei sehr hoch. Auch wenn die Gefahr des Scheiterns weiterhin groß sei, hofft er, dass man in zwei Jahren über den Berg sei.
Es gibt in Baden-Württemberg wie in vielen Bundesländern Vorbereitungsklassen für Berufsschulen. Die Vorstellung, dass die Flüchtlinge dort in einem Jahr die nötigen Deutschkenntnisse erlangen, sei völlig irreal gewesen, sagt Winkler. Aber viele Firmen hatten Probleme, Lehrlinge zu finden, also stellte man das Sprachproblem hintan. Jetzt rächt es sich. Spricht man mit Migrationsexperten und Praktikern, zeigt sich, dass das in vielen anderen Regionen ähnlich lief. Deutschland war zu ungeduldig.
Mittlerweile stimmt die Richtung im Großen und Ganzen. Ein Blick in die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigt: Derzeit machen 55.000 Geflüchtete aus den acht häufigsten Herkunftsländern eine Ausbildung. Die Zahl scheint klein, aber Integration ist ein Marathon, kein Sprint, das zeigt die Steigerung gegenüber den Vorjahren, 2015 waren es 6600, 2017 immerhin schon 27.000. Die Zahl der Abbrecher ist leicht höher als unter einheimischen Azubis. In den ersten Jahren hatten viele Geflüchtete auf eine Lehre verzichtet und Helferjobs bevorzugt, um möglichst schnell etwas Geld zu verdienen und ihre Familie in der alten Heimat zu unterstützen. Allmählich wächst der Anteil derer, die verstehen, dass sich eine Ausbildung lohnt.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat 2016 das bundesweite Netzwerk »Unternehmen integrieren Flüchtlinge« gegründet. Es ist der größte Zusammenschluss von Firmen, um Geflüchtete in Ausbildung und Arbeit zu bringen. Sarah Strobel, Referentin für das Projekt, fasst die vergangenen Jahre so zusammen: »Es hat sich gut entwickelt.« Knapp 2500 Unternehmen machen mit, vor allem kleine und mittelständische Firmen. Insgesamt beschäftigen sie 9300 Geflüchtete. Umfragen in den Betrieben zeigen deutlich: Was das Praktische anbelangt, machen die Azubis einen guten Job. Sie zeigen aber auch, dass die mangelnden Sprachkenntnisse auch nach Jahren noch ein Handicap sind.
Dass viele Geflüchtete in den Berufsschulen kaum mithalten können, gilt mittlerweile als die größte Hürde auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt. Vor allem die Klausuren am Ende der Ausbildung bereiten Sorge. Die Handelskammern haben reagiert und bieten dafür Vorbereitungskurse an. Doch die Examensfragen seien oft sperrig, hört man von Prüfern, selbst Muttersprachler müssten manche dreimal lesen, um zu verstehen, was genau gefragt sei. Oft liegt die Schwierigkeit auch in der Mehrdeutigkeit: Dass zum Beispiel die Frage »Bei welchen Artikeln handelt es sich um sogenannte Pennerartikel?« auf Waren zielt, die sich schlecht verkaufen, erschließt sich nicht unbedingt.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass 76 Prozent der Azubis mit Fluchthintergrund die Prüfung bestanden, unter den Einheimischen waren es 92 Prozent. Aktuellere Zahlen gibt es nur bei den regionalen Kammern.
Eine Stichprobe in Nürnberg. Stefan Kastner, Leiter des Bereichs Berufsbildung der Industrie- und Handelskammer, sitzt in seinem Büro und schaut in seine Unterlagen. 9000 Ausbildungsbetriebe gibt es in Mittelfranken, rund ein Drittel beschäftigt Geflüchtete. Im vergangenen Jahr haben 75 Prozent der Azubis aus den acht häufigsten Herkunftsländern bestanden, gegenüber 92 Prozent bei einheimischen Prüfungsteilnehmern. Auch Kastner macht die Erfahrung: Die Flüchtlinge haben Probleme in der Schule, nicht in den Betrieben. Schaffen wir das? – Ja, sagt Kastner. Man brauche Geduld, aber es laufe.
Ausdauer braucht auch der Neu-Nürnberger Mahmud. Er hatte es trotz miserabler Startchancen schon fast geschafft, im letzten Moment stolperte er trotzdem. Er ist 20 Jahre alt, in Aleppo besuchte er die Grundschule, wie üblich sechs Jahre lang. Dann kam der Krieg in die Stadt, seine Eltern schickten ihn mit einem Onkel auf die Flucht nach Europa, da war er 13. Als er in Nürnberg ankam, war er 15. Nach neun Monaten begann er mit seinem ersten Deutschkurs. Dort fiel er auf als einer, der schnell lernt, und bekam eine Ausbildung in einem Restaurant vermittelt. In der Berufsschule war er fast drei Jahre lang der einzige Flüchtling in seiner Klasse, es lief gut auf seinem Weg zum Restaurant-Fachmann.
Mahmud erzählt das flüssig, man kann sich problemlos mit ihm unterhalten. Im Juni kam dann die Abschlussprüfung, wegen Corona fand in den Monaten davor keine Schule statt. Mahmud hatte viel gelernt, gereicht hat es nicht. Zwar durfte er ein Lexikon benutzen, aber das kostete Zeit, und manche Frage hat er doch nicht recht verstanden. In zwei Monaten bekommt er eine neue Chance, zweimal darf die Prüfung wiederholt werden. Mahmud ist guter Dinge: »Wenn man will, kann man alles schaffen.«
Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gehörte nicht zu denen, die in den Flüchtlingen schon die Fachkräfte für morgen sahen. Er leitet den Forschungsbereich Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung am IAB. Bereits 2015 lautete seine Einschätzung, dass es wenigstens fünf Jahre dauern werde, bis die Hälfte aller Geflüchteten eine Arbeit gefunden habe. Diesen Februar ergab eine Langzeit-Befragung des IAB, dass Brücker richtig lag: Fünf Jahre nach der Ankunft hatte etwa die Hälfte der Geflüchteten einen Job, 52 Prozent davon als Fachkräfte, 44 Prozent als Helfer.
Dann kam das Coronavirus. Die Geflüchteten leiden besonders unter den Auswirkungen der Pandemie, viele von ihnen arbeiten in stark geschädigten Wirtschaftszweigen wie Hotels und Gaststätten. Etliche haben ihre Jobs verloren, andere bangen um ihre Ausbildung. Ein Rückschlag. Dass sich dadurch der positive Trend langfristig umkehrt, glaubt Brücker aber nicht. Das Fazit des Migrationsexperten: Man hat viel geschafft, aber es gibt auch noch viel zu tun. Wichtigste Aufgabe: berufsbezogene Sprachkurse. Bis die meisten Flüchtlinge mit der neuen Sprache problemlos arbeiten können, wird es noch dauern.
Firmino, Lolo, Natalie, Rubio et Sandrine vivent et travaillent au Luxembourg. D’origine africaine, tous racontent la manière dont la couleur de leur peau impacte leur quotidien dans un pays où l’esprit «multikulti» n’empêche pas le racisme. Témoignages.
La dignité humaine est inviolable. Elle doit être respectée et protégée. »
Charte des droits fondamentaux de l’Union européenne, article 1er
Préfacé par le sociologue et ancien assesseur à la Cour nationale du droit d’asile (France) Smaïn Laacher, cet ouvrage pensé comme un carnet de notes, réunit les récits de neuf personnes exilées venues demander l’asile au Grand-Duché de Luxembourg. Les prénoms ont été modifiés, mais les histoires sont authentiques, choisies parmi plus de 700 récits écoutés et recueillis dans le bureau de l’association Passerell ces trois dernières années.
« Humaniser le droit d’asile » telle est la raison d’être de l’association Passerell et l’ambition de cet ouvrage. Il s’agit de montrer que dans la procédure d’asile, où se poursuivent des drames humains dont il est parfois difficile de se distancer, naissent des questions de droit nombreuses et pointues. « Humaniser le droit d’asile », c’est mobiliser le droit pour résoudre des problématiques profondément humaines.
Luxemburg hat ein Rassismus-Problem. Das geht aus einer Studie der Europäischen Agentur für Grundrechte hervor, die bereits im November 2018 veröffentlicht wurde. Zwölf Monate später ist die Situation aber immer noch alarmierend, wie die Konferenz „Being Black in Luxembourg“ gestern belegte.
„Seit wann lassen wir Schwarze in den Classique?“ – Ein Satz, den die junge Frau kapverdischer Herkunft wohl ein Leben lang begleiten wird. Gefallen ist er während ihrer Orientierungsprozedur nach Abschluss der sechsten Grundschulklasse in Luxemburg. Ihr eigener Lehrer hatte vorgeschlagen, die Schülerin ins klassische Lyzeum zu orientieren. Ein weiteres Mitglied des Orientierungsrats aber wollte das Kind in den Anpassungsunterricht schicken – mit der eingangs genannten Begründung.
„Nicht ins klassische Lyzeum, nicht mal ins technische Lyzeum, sondern in den Anpassungsunterricht“, wird sich die Betroffene später im Gespräch mit einer Sozialarbeiterin echauffieren. Die frühere Schülerin ist eine von 22 Jugendlichen kapverdischer Abstammung, mit denen Mirlene Fonseca Monteiro im Rahmen ihrer Magisterarbeit gesprochen hat. Ziel war es, den Erfahrungen auf den Grund zu gehen, die die jungen Menschen beim Aufwachsen in der Luxemburger Gesellschaft machen konnten.
Das Ergebnis ist verstörend: Von klein auf erfahren die Kinder dunkler Hautfarbe, dass sie anders sind. „Ein Anderssein, das von der Gesellschaft negativ aufgefasst wird“, erklärte Monteiro gestern vor einem prall gefüllten Auditorium im hauptstädtischen Cercle Cité. „Ab der Einschulung werden sie mit dem Konzept ,Wir, die Luxemburger und ihr, die Ausländer‘ konfrontiert. Auch wenn sie in Luxemburg geboren wurden“, fuhr die Sozialarbeiterin als Gastrednerin der Konferenz „Being Black in Luxembourg“ fort.
Verstörende Ergebnisse
Eingeladen hatten die „Association de soutien aux travailleurs immigrés“ (ASTI), das „Centre pour l’égalité de traitement“ (CET), das „Comité de liaison des associations d’étrangers“ (CLAE) und die Luxemburger Menschenrechtskommission CCDH, um einen sehr spezifischen Missstand in der Luxemburger Gesellschaft anzuprangern. Spätestens seit der Veröffentlichung einer entsprechenden Studie der Europäischen Agentur für Menschenrechte steht nämlich fest: Luxemburg hat ein Rassismus-Problem.
Die Resultate der im November 2018 veröffentlichten Studie mit dem Titel „Being Black in the EU“ verstören ein Jahr später immer noch. In einem Land, das sich gerne als Paradebeispiel von Integration und Interkulturalität präsentiert, gibt jeder zweite Mitbürger schwarzer Hautfarbe an, in den letzten fünf Jahren rassistisch beleidigt worden zu sein. Unter den zwölf in der Studie repräsentierten Ländern rangiert das Großherzogtum nach Finnland an zweiter Stelle. Schlimmer noch: Rund 70 Prozent der Befragten gaben an, wegen ihrer Hautfarbe und Herkunft benachteiligt worden zu sein. Damit liegt Luxemburg deutlich über dem europäischen Schnitt von 39 Prozent.
Für ihre Magisterarbeit hat sich Mirlene Fonseca Monteiro mit 22 jungen Menschen kapverdischer Herkunft unterhalten. Das Thema: Ihre Erfahrungen als Schwarze in der Luxemburger Gesellschaft.
Auch wenn in der Studie nur zwölf europäische Länder unter die Lupe genommen wurden, sind die Zahlen doch alarmierend. Das unterstrich auch Michael O’Flaherty: „Die Situation in Luxemburg ist äußerst besorgniserregend“, so der Direktor der Agentur für Menschenrechte gleich mehrmals im Verlauf der Konferenz. Damit gehöre das Großherzogtum neben Irland, Finnland und Österreich zu jenen vier Ländern, die die in Wien ansässige Agentur als problematisch bezeichnet.
Nachteile haben Schwarze der Studie zufolge vor allem auf dem hiesigen Arbeits- und Wohnungsmarkt. Allein bei der Jobsuche fühlte sich jeder Zweite aufgrund seiner Hautfarbe benachteiligt, während 52 Prozent der Befragten sich bei der Ausübung ihrer Arbeit rassistisch beleidigt fühlten. „In Luxemburg sind 74 Prozent der Bevölkerung im Besitz ihrer eigenen Unterkunft. Im Gegenzug aber darf sich nur einer von fünf Schwarzen Hausbesitzer nennen“, so O’Flaherty. Zwar seien diese Zahlen vergleichbar mit dem Rest der EU, allerdings ändere das nichts an der prekären sozioökonomischen Situation, in der sich viele Schwarze befinden: 56 Prozent sehen sich finanziell gefährdet, 14 Prozent haben sogar Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen.
Barrieren in den Köpfen
Äußerst schockiert zeigte sich Integrationsministerin Corinne Cahen: „Ich hätte nie gedacht, dass in Luxemburg im Jahr 2019 noch so große Vorurteile herrschen“, sagte die Ministerin im Anschluss an die Ausführungen von O’Flaherty und Monteiro. Zwar dürften die Zahlen der Politikerin längst bekannt sein, doch waren es vor allem die Ausführungen der Sozialarbeiterin, die viele Anwesende ins Grübeln brachten. „Der Schwarze wird sofort als Ausländer abgestempelt“, so die junge Frau in einer Art Schlussfolgerung.
Tatsächlich fühlten sich ihre Schützlinge zwar als Luxemburger, jedoch zweifelten sie daran, von der Luxemburger Gesellschaft auch als solche wahrgenommen zu werden. „Ich hatte nie einen Lehrer, der mich als Luxemburgerin gesehen hat. Dabei bin ich hier geboren und habe die Luxemburger Staatsbürgerschaft“, zitierte Monteiro eine junge Frau aus ihrer Studie. Ähnlich sei es einer anderen Jugendlichen ergangen, deren Schwester einen neuen Ausweis beantragen musste. Der Beamte habe jedoch darauf beharrt, dass sie wohl eher eine Aufenthaltsgenehmigung benötige. Erst beim Einblick in die Akten sah er seinen Fehler ein. „Eine Entschuldigung gab es jedoch nicht“, erinnerte sich die junge Erzählerin.
„In ihren Köpfen haben die Luxemburger eine feste Vorstellung davon, wie es ist, Afrikaner zu sein oder Portugiese. Und du kannst machen, was du willst … du wirst nie richtig dazugehören“, so ein weiteres Zitat aus der Studie. Diese Ausgrenzung führe zu Unverständnis, Wut und Verzweiflung bei den jungen Menschen dunkler Hautfarbe, so Monteiro. Rassismus sei eine Realität im Großherzogtum. „Ich hoffe aber, dass wir die letzte Generation sind, die in unserer Heimat als Ausländer wahrgenommen wird“, beendete die junge Frau kapverdischer Herkunft ihre Ausführungen. Wofür sie tosenden Applaus erntete.
Viele Klagen, wenig Lösungen
Von einer Lösung aber scheint Luxemburg noch etwas entfernt. Zumindest wenn man den Ausführungen und Reaktionen aus dem Publikum Glauben schenken kann. „Die Ministerin ist schockiert, dass es so etwas noch im Jahr 2019 gibt? Das schockiert mich wiederum“, meinte eine Frau kapverdischer Abstammung. Sie sei ebenfalls in der Schule diskriminiert worden. Das sei aber 15 Jahre her. „Und es hat sich nichts geändert. Wo waren Sie in den letzten 15 Jahren, dass sie das nicht mitbekommen haben?“, sagte die aufgebrachte Frau.
Eine schlechte Note wurde der Regierung auch vom Präsidenten der EU-Kommission gegen Rassismus und Intoleranz ausgestellt: „Wir bedauern, dass es so lange gedauert hat, bis der Aktionsplan zur Integration überhaupt erst ausgearbeitet wurde“, unterstrich Jean-Paul Lehners, der auch mehr Mittel für das CET forderte. „Sie haben absolut keine Mittel, ihrer Arbeit nachzugehen. Die Lage ist geradezu katastrophal.“
Meliha Agovic-Imamovic entflieht im Alter von 19 Jahren dem Bosnienkrieg und startet in Esch einen Neuanfang
Von Anne Heintz , Luxemburger Wort 2. November 2019
Esch/Alzette. Jedes Mal, wenn Meliha Agovic-Imamovic Meldungen über Flüchtlingsdramen in der Welt hört, geht ihr das tief unter die Haut. Sie erträgt dieses unmenschliche Gräuel nicht mehr. Nur zu gut weiß sie, wie es sich anfühlt, ein Flüchtling zu sein. Verscheucht aus dem eigenen Land, weil dort Krieg und Elend herrschen.
Omers Odyssee Ein 28-jähriger Flüchtling erzählt, wie er aus dem Sudan nach Luxemburg zu „Mama Julie“ in Petingen kam
Petingen. „Mama Julie“. So nennt Omer Ibrahim (28) die 83-jährige Julie Putzeys-Zeimes, die ihn bei sich in Petingen aufgenommen hat. Er ist nicht der erste Flüchtling, dem sie ihre Tür öffnet.
Die Geschichte von Omer Ibrahim hat es ihr aber angetan. Er hat eine Irrfahrt hinter sich, die derjenigen des Odysseus kaum nachstehen dürfte. Dabei wurde er unter anderem in Libyen ausgebeutet und wäre um ein Haar im Mittelmeer ertrunken. Doch alles der Reihe nach.
Gemeinsam mit „Mama Julie“ am Küchentisch sitzend, fängt Omer Ibrahim mit dem Erzählen an. Dies auf Französisch, eine Sprache, die er vor gut drei Jahren, als seine Irrfahrt begann, noch nicht beherrschte. (..)
28-jähriger Flüchtling rettet einen jungen Mann vor dem Ertrinken im Stausee
Es sollte ein entspannter Ausflug unter Freunden an den Stausee werden. Doch dann kam für Ahmed Alabdulmohsen alles anders. Vor seinen Augen geriet am vergangenen 23. Juni beim Strand in Burfelt ein junger Mann im Wasser in Schwierigkeiten. Der gebürtige Syrer, der vor drei Jahren als Flüchtling nach Luxemburg kam, zögerte keinen Moment und rettete ihm das Leben. Eine Geste, die der 28-Jährige in seiner Heimat bereits des Öfteren durchgeführt hatte.