Gloden: Wer Asylbedingungen nicht erfüllt, muss in sein Heimatland zurück
Der Innenminister verteidigt die Asylpolitik der Regierung und erklärt, wie er die Sicherheitsprobleme im Bahnhofsviertel in den Griff bekommen will.
Der Rücktritt von Marianne Donven, die deutschen Grenzkontrollen, die Drogenkriminalität im hauptstädtischen Bahnhofsviertel – Innenminister Léon Gloden hat die Hände voll zu tun. Im Interview spricht der CSV-Politiker über die aktuellen Herausforderungen.
Der Rücktritt der Beamtin Marianne Donven hat in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. Sie bezeichnete die Politik gegenüber Flüchtlingen als grausam. Was sagen Sie zu den Vorwürfen?
Wir haben immer gesagt, dass wir eine verantwortungsvolle Asylpolitik betreiben werden, das heißt wir werden Flüchtlinge aufnehmen, die aus einem anerkannten Grund aus ihrem Land fliehen. Das ist eine Frage der Menschlichkeit. Andererseits müssen wir aber auch dafür sorgen, dass der Zustrom von Asylsuchenden die Aufnahmekapazitäten der Gesellschaft und unserer Strukturen nicht übersteigt.
Menschen, die die Voraussetzungen erfüllen und sich integrieren wollen, sind willkommen. Ist dies nicht der Fall, müssen sie in ihr Herkunftsland zurückkehren. Es ist wichtig, dass die Parteien in der Mitte der Gesellschaft, wie die CSV, Lösungen finden. Andernfalls werden wir, wie in unseren Nachbarländern, den Aufstieg einer AfD oder einer anderen radikalen Partei erleben. Wir dürfen dieses Phänomen nicht unterschätzen. Das bedeutet nicht, dass wir Asylsuchenden keinen Status gewähren, ganz im Gegenteil.
Diesen Anträgen wird eine hohe Anerkennungsquote gewährt. Aber diese Menschen müssen auch eine Unterkunft, eine Struktur und eine Arbeit finden können. Andernfalls werden ihnen falsche Versprechungen gemacht, obwohl sie hierherkommen, um eine bessere Zukunft aufzubauen.
Sind die Einrichtungen, die es gibt, zu klein für die aktuelle Situation?
Das ist eine Frage für Minister Max Hahn, der dafür zuständig ist. Ich bin für Einwanderungs- und Asylverfahren zuständig. Wir haben die Maison de retour geschaffen, ein Konzept, das lange von Herrn Asselborn diskutiert, aber nie umgesetzt wurde. Wir haben es eingeführt.
Wir arbeiten auch an einem Paket, das die Betroffenen anfordern können, um ihnen bei der Rückkehr in ihr Land oder in einen anderen sicheren Drittstaat eine Orientierungshilfe zu geben. Es ist uns wichtig, ihnen eine Perspektive zu geben. Wir müssen sie mit finanzieller, aber auch mit psychologischer Unterstützung betreuen. Dieses Paket, das derzeit fertiggestellt wird, soll im Laufe dieses Jahres vorgestellt werden.
Wie viele Personen können in der Maison de retour aufgenommen werden?
Die Einrichtung kann 170 Personen aufnehmen. Im Moment schwankt die Zahl zwischen 50 und 70 Personen. Sie stehen unter Hausarrest und können sich tagsüber frei bewegen. Diejenigen, deren Asylantrag abgelehnt wurden und nicht zurückkehren wollen, werden in ein Anhaltezentrum gebracht. Dies ist ein wichtiger Punkt, da die Zahl der Rückkehrer erhöht werden muss. Wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird, wissen sie, dass sie in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen.
Dies ist der Fall bei einer Mutter, die mit ihren beiden Kindern vom Office National de l’Accueil (ONA) auf die Straße gesetzt wurde und über die kürzlich berichtet wurde.
Dieser Punkt muss mit Herrn Hahn besprochen werden, aber diese Menschen haben sehr schnell erfahren, dass sie abgelehnt wurden. Sie erhielten einen Ablehnungsbescheid, und es folgten Verfahren vor den Gerichten. Es ist daher nicht korrekt zu sagen, dass diese Personen innerhalb weniger Tage etwas anderes finden mussten. Diese Familie wusste seit Jahren, dass sie gehen musste. Wenn es uns nicht gelingt, die Infrastruktur des ONA freizugeben, bestrafen wir die Menschen, die eine echte Chance auf einen Flüchtlingsstatus haben. Wir müssen ein Gleichgewicht finden.
Ein weiteres Thema, das in den letzten Monaten für viel Gesprächsstoff gesorgt hat, sind die Grenzkontrollen zu Deutschland. Wie ist der aktuelle Stand der Gespräche in dieser Angelegenheit?
Wir sind mit den Kontrollen nicht einverstanden und stehen weiterhin im Dialog mit den Behörden. Ich hatte regelmäßige Gespräche mit Frau Faeser. Die Kollegen aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz stimmen mit mir überein. Diese Kontrollen widersprechen der Idee des Schengen-Raums, einem Raum ohne Binnengrenzen. Ich finde das abwegig. Ich erhalte auch viele Nachrichten von Grenzgängern, die die durch diese Kontrollen verursachten Staus satthaben. Sie brauchen zwischen einer und zwei Stunden länger, um zur Arbeit nach Luxemburg zu kommen.
Werden Sie in dieser Angelegenheit bei der Europäischen Kommission vorstellig werden?
Wenn die Kontrollen im April erneut durchgeführt werden, werden wir bei der Kommission intervenieren. Rechtlich gesehen handelt es sich um eine Mitteilung, um unsere Ablehnung zum Ausdruck zu bringen. Die Kommission als Hüterin der Verträge muss dann prüfen, ob die ergriffenen Maßnahmen die erhofften Ergebnisse im Hinblick auf die angestrebten Ziele erbracht haben. Sie wird auch prüfen müssen, ob diese Kontrollen noch haltbar sind. Luc Frieden sprach dieses Thema mit Ursula von der Leyen anlässlich ihres Besuchs in Luxemburg an.
Die deutschen Behörden argumentieren, dass die Kriminalität mit der illegalen Einwanderung zusammenhängt. Diese ist jedoch kein Grund im Schengen-Abkommen, um diese Kontrollen einzuführen. Die Antwort muss die Sicherung der EU-Außengrenzen sein, indem mehr Mittel für Frontex bereitgestellt werden. Meiner Meinung nach wird auch die Visapolitik eingeschränkt werden müssen.
Kommen wir zurück nach Luxemburg. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das Problem der Unsicherheit und des Drogenmissbrauchs im Bahnhofsviertel zu lösen?
Die Sicherheit ist eines der Hauptziele dieser Regierung. Seit meinem Amtsantritt wurde eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen. Viele Arten von Straftaten, die mit dem Sicherheitsgefühl zusammenhängen, sind zurückgegangen.
Seit meinem Amtsantritt habe ich das Konzept der 4Ps eingeführt: mehr Personal, mehr Präsenz, mehr Nähe, mehr Prävention. Wir haben die Kriminalpolizei gestärkt und arbeiten daran, die Ausrüstung der Polizisten zu verbessern. Aber ich verstehe die Sorgen der Bewohner des Bahnhofsviertels sehr gut, denn wenn man sieht, wie sich Menschen mitten am Tag einen Schuss setzen, trägt das nicht gerade zu einem besseren Sicherheitsgefühl bei. Wir planen einen „Drogendësch“ für den 5. Februar mit den Ministern für Justiz, Gesundheit und Familie sowie mit der Bürgermeisterin, um verschiedene Maßnahmen zu besprechen.
Brauchen wir mehr Richter und mehr Strafen?
Die Justizministerin hat ein umfassendes Programm zur Einstellung von mehr Richtern und Staatsanwälten gestartet. Ich bin auch sehr optimistisch, dass der neue Generalstaatsanwalt, John Petry, uns helfen wird, den Drogenhandel wirksam zu bekämpfen.
Für den 10. Februar ist zudem ein Gespräch mit Vertretern des Bahnhofsviertels geplant, um über weitere Maßnahmen zu diskutieren. Ein weiteres Anliegen ist die Einführung einer „Community Police“. Dieses in Österreich existierende Konzept ermöglicht regelmäßige Treffen zwischen der Polizei und den Bewohnern eines Viertels. Ziel ist es, einen einfachen Austausch zu haben, um die verschiedenen Probleme zu besprechen.
Wir müssen auch die grenzüberschreitende Kriminalität berücksichtigen. Aus diesem Grund habe ich bilaterale Verträge mit Frankreich über gemischte Patrouillen in Zügen und auf Autobahnen unterzeichnet. Wir arbeiten an einem Gesetzentwurf, den wir noch in diesem Jahr einbringen werden und der es Überwachungskameras ermöglichen wird, Autokennzeichen auf Autobahnen zu erkennen. Wir sind das einzige Land in der Region, das dieses Gerät noch nicht hat. Es ist eine Art schwarzes Loch in unserem Computersystem.
In einem Interview behaupteten Sie, dass „große deutsche Limousinen mit belgischen Nummernschildern“ Menschen in Luxemburg-Stadt aussteigen ließen, um zu betteln. Sie versicherten, Sie hätten Beweise. Was sind das für Beweise und warum zeigen Sie sie nicht in einem Ausschuss oder in der Öffentlichkeit?
Das ist alles Vergangenheit. Ich möchte nicht mehr darauf zurückkommen. Das Problem des aggressiven Bettelns wurde gelöst, und was die Zusammenarbeit angeht, so organisieren wir gerade einen Besuch mit Herrn Retailleau (französischer Innenminister, Anm. d. Red.) im Bereich der Drogenproblematik. Jeden Tag kommen Leute aus Metz und Thionville, um sie zu verkaufen. Wir müssen mit den französischen Behörden eine Lösung finden, um diesen Drogenhandelstourismus zu stoppen. Die Polizei arbeitet derzeit an dieser langwierigen Angelegenheit.
Ist der Platzverweis in der Praxis wirklich durchführbar? Wie wird die Störung der öffentlichen Ordnung definiert?
Jeder hat das Recht zu kritisieren. In diesem Fall begrüße ich die Meinung des Präsidenten des Gerichtshofs. Er erklärt sehr gut, dass es sich um eine verwaltungspolizeiliche Maßnahme handelt. Also nicht dem Strafrecht unterliegt. Und dass der Begriff der Störung der öffentlichen Ordnung einen Interpretationsspielraum beinhaltet. Die Polizei ist darauf trainiert, die richtige Entscheidung zu treffen. Der Präsident des Gerichtshofs schlägt vor, dass die angehaltenen Personen in Verwaltungshaft genommen werden. Eine Maßnahme, die im Polizeigesetz von 2018 vorgesehen ist.
Eine Person, die lediglich Musik spielt, wird nicht vertrieben. Heute haben wir inakzeptable Situationen auf dem Hamiliusplatz. Aber auch der Theaterplatz mit verstreuten Koffern, schreienden und trinkenden Personen. Der Staat ist dazu da, die Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum zu gewährleisten. Das ist eine der grundlegenden Pflichten des Staates. Man kann im öffentlichen Raum nicht tun und lassen, was man will, sonst herrscht Anarchie. Ich werde hier streng bleiben!
Dieser Artikel erschien zuerst bei „Virgule“. Übersetzung und Bearbeitung: Glenn Schwaller.