Hold Up Two (HUT)

oder wie man eine unbequeme zivilgesellschaftliche Organisation entkernt und abwickelt

Nach dem Motto „Never waste a good crisis“ ist Premierminister Luc Frieden in der Caritas-Affaire auf volles Risiko gegangen. Gelingt ihm der zweite Hold Up auf die Caritas innerhalb von zwei Monaten, kann er die luxemburgische Zivilgesellschaft für Jahre hinaus politisch einschüchtern und verhindern, dass der Skandal sich auf den Finanzplatz ausweitet.

Die Vorgeschichte

Von Februar bis Juli 2024 soll die Finanzchefin der Caritas, für die die Unschuldsvermutung selbstverständlich gilt, insgesamt 61 Millionen Euro in Tranchen von im Schnitt 500.000 € auf mehrere Konten einer spanischen Bank überwiesen haben. Als keine Liquiditäten mehr da waren, soll sie bei den Hausbanken der Caritas, der staatlichen BCEE und der französisch-luxemburgischen BGL BNP Paribas, „Überbrückungskredite“ mit dem Argument beantragt haben, der Staat wäre mit seinen Überweisungen im Rückstand und sie müsse die Gehälter zahlen. Als Sicherheit akzeptierten beide Banken die Konventionen, die die Caritas mit dem Staat unterhält und die darin angekündigten Zahlungen. Eine Zustimmung oder Unterschrift des Verwaltungsrates der Caritas verlangten die Banken für die Aufnahme dieser Kredite nicht. Die dritte Hausbank der Caritas, die BIL, gewährte nach Informationen von Reporter hingegen keinen Kredit.

Davor und während über Kredite verhandelt wurde, erfolgten von den Konten der Caritas Überweisungen in einem frenetischen Tempo (teilweise bis zu 7 Zahlungen à 500.000 € an einem einzigen Tag). Den beiden Banken fiel dabei nichts Ungewöhnliches auf. Anders offenbar am Ende bei der spanischen Bank, über die das Geld (wohin auch immer) weiter transferiert wurde. Nach Presseberichten blockierte diese womöglich einen kleinen Teil des Geldes. Die luxemburgische Bankenaufsicht CSSF wird sich selber, der BCEE und der BGL BNP Paribas sehr unangenehme Fragen stellen müssen, und das zu einem Zeitpunkt, wo Luxemburg mit dem Rücken zur Wand gegen die Zentralisierungsbestrebungen der europäischen Bankenaufsicht ankämpft.

Im Juni weigerten sich die Banken, die Kreditlinien ohne zusätzliche Sicherheiten weiter anzuheben, und die Belastung von Caritas-Gebäuden, die die Finanzchefin offenbar als nächstes angehen wollte, war nicht ohne ein notarielles Dokument möglich (was eine Unterschrift des Verwaltungsrates (CA) impliziert hätte). Damit war der Aderlass zu einem Ende gekommen. Es gab nichts mehr zu holen und es gab auch keine Mittel mehr, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Als Direktor Marc Crochet Anfang Juli von einer Pilgerreise nach Santiago di Compostela zurückkehrte, musste er feststellen, dass die Caritas über keine Liquiditäten mehr verfügte. Konfrontiert mit der Situation, nahm sich die Finanzchefin einen Anwalt und stellte sich der Polizei in Luxemburg (sie lebt in Belgien). In der Folge gab sie an, einem „Präsidentenbetrug“ zum Opfer gefallen zu sein. Sie habe während fünf Monaten geglaubt, auf Geheiß ihres Direktors Marc Crochet gehandelt zu haben, und sei im Glauben gelassen worden, dass das Geld für eine große Investition gedacht sei, die „ganz im Geheimen“ vorbereitet werden sollte.

Wie bei Firmen und Vereinen üblich, musste auch bei der Caritas jede Überweisung noch von einem anderen Mitglied der Direktion gegengezeichnet werden. Praktisch muss man sich das so vorstellen, dass am Ende eines Tages die Liste aller (d. h. Hunderter) Überweisungen, die in der Finanzabteilung vorbereitet werden, von einem weiteren Mitglied der Direktion „digital“ gegengezeichnet wird – in der Regel mit einem Häkchen am Ende der Liste aller Überweisungen. Ein Konglomerat wie die Caritas mit über 400 MitarbeiterInnen, Sozialläden, Unterkünften, Kantinen und und und … hat tatsächlich jeden Tag eine Unzahl von Überweisungen zu tätigen. Man müsste schon sehr genau hinschauen, um die problematischen darunter in einer solchen Liste zu identifizieren. Erschwerend für die Identifizierung war sicherlich der Umstand, dass die Organisationen, an die überwiesen wurde, korrekt waren (nur die Kontonummern waren verändert) und zum Beleg gefälschte Verträge hinzugefügt worden waren.

Am 16. Juli reicht Direktor Marc Crochet für die Caritas Klage ein, sie sei Opfer eines massiven Betrugs geworden. Das Parquet eröffnet eine Untersuchung. Als erstes Presseorgan berichtet Radio 100komma7 am 19. Juli, die anderen Medien starten jedoch in die Sommerpause, aus der sie erst in der zweiten Augusthälfte nach und nach wieder aufwachen.

In der Öffentlichkeit wird die von der Staatsanwaltschaft vorgebrachte These des „Präsidentenbetrugs“ stark in Frage gestellt. Die lange Dauer der vermeintlichen Täuschung sowie die Anzahl und Höhe der Überweisungen würden dagegen sprechen. Es ist tatsächlich schwierig sich vorzustellen, dass die Finanzchefin während fünf Monaten die abenteuerlichsten Beträge in einem abenteuerlichen Tempo unter abenteuerlichen Vorwänden überweist und dies nie im persönlichen Gespräch gegenüber dem vermeintlichen Auftraggeber, ihrem Direktor, erwähnt, mit dem sie täglich zusammenarbeitet. Auch der Premierminister gibt an, dass er den Sachverhalt nicht ganz nachvollziehen könne … Die Finanzchefin hat sich selber als Opfer des Betruges deklariert, eine Untersuchungshaft wurde nicht angeordnet und sie steht den Ermittlungsbehörden von zuhause aus zur Verfügung.

Der Premierminister übernimmt

Premierminister Luc Frieden hat von Anfang an die Kommunikation der Affaire an sich gezogen und den Rahmen für die Lösung bestimmt. Frieden stellte klar, dass mit den alten Strukturen der Caritas gebrochen werden müsse – bevor auch nur annähernd die Schuldfrage geklärt war – und dass zur Rettung der Caritas keinerlei Steuergelder verwendet werden würden. Anders als Friedens Hausbank BIL, die 2009 im Rahmen der damaligen Dexia mit 376 Millionen Euro an luxemburgischen Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet wurde, scheint der größte Sozialdienstleister Luxemburgs, die Caritas, offenbar nicht von systemischer Bedeutung für den Sozialstaat Luxemburg zu sein.

Frieden musste dann zwar verbal zurückrudern, weil es in der Öffentlichkeit Widerstand gab, aber bislang ist der Staat der Caritas in keiner Weise entgegengekommen. Der Staat schuldet der alten Caritas sogar noch 2,6 Millionen Euro für erbrachte Leistungen (während bei den internationalen Aktivitäten ein Loch von ca. 5 Millionen Euro klafft).

Frieden hat bei seinen verschiedenen Äußerungen in dieser Affäre (insbes. am Mittwoch 4. September) wichtige Informationen preisgegeben, die kaum in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Besonders erstaunlich: Frieden bestätigte, dass bei der Caritas das Vieraugenprinzip bei Überweisungen gegolten habe und somit eine bessere Gouvernance „auch nichts geändert hätte“ (dixit). Weiter hat er mitgeteilt, dass die neue Struktur nicht mit den beiden (für Luxemburg) systemischen Banken BCEE und BGL BNP Paribas zusammenarbeiten werde, die der Caritas die Kredite gegeben haben. Er hat schließlich zu verstehen gegeben, dass die Caritas die Rückzahlung der Kredite anfechten werde (was „er zur Kenntnis nehme“), da diese nicht vom Verwaltungsrat in Auftrag gegeben worden seien. All das weist eigentlich darauf hin, dass – wenn es denn eine Schuld gab – diese eher bei den Banken zu suchen ist, als bei der Caritas.

Bei all seinen Äußerungen machte der Premierminister jedoch die gesamte Direktion bzw. die gesamte Führung der Caritas für das Debakel verantwortlich, indem er immer wieder darauf hingewiesen hat, dass mit den aktuellen Gremien nicht mehr zusammengearbeitet werden könne. Es ist nicht klar, ob er damit nur die vier Mitglieder des Caritas-Direktionskomitees meinte oder auch den Verwaltungsrat. Auch wenn im Krisenkomitee einige CA-Mitglieder sitzen (alle mit CSV-Parteikarte), sind doch jene mit sozialer Konnotation wie Marie-Christine Ries vom Bistum oder Fons Wagner ausgeschlossen.

Allgemein bekannt ist, dass Frieden nicht mit Direktor Marc Crochet kann. Zu weit sind die Auffassungen auseinander über Sinn und Ausgestaltung der luxemburgischen Sozialpolitik und -hilfe. In vielen Fragen wie der Flüchtlingspolitik, der Kinderarmut oder auch der Wohnungspolitik gehörten die Caritas und ihr Frontmann Marc Crochet zu den stärksten Kritikern der Regierung. So wundert es auch nicht, dass die neue Struktur, die die Arbeit der Caritas übernehmen soll, gerade die politischen Posten nicht übernehmen wird (Porte parole, Plaidons responsable und die nationale politische Arbeit). Der Betrug war vor diesem Hintergrund eine fast ideale Gelegenheit für Luc Frieden, es Marc Crochet und der Caritas heimzuzahlen und der sozialbewegten Kritik an seiner Regierung innerhalb und außerhalb der CSV die Spitze zu brechen.

Der Konflikt zwischen der Caritas und Luc Frieden ist über zwei Jahrzehnte alt. Schon 1999 stellte sich die Caritas (mit Agnes Rausch) Justizminister Luc Frieden entgegen, als dieser in einer Nacht- und Nebelaktion Kinder aus dem Schulunterricht von der Polizei abholen und Flüchtlingsfamilien abschieben ließ (Operation Milano). Das Luxemburger Wort, damals noch im katholischen Lager verankert, titelte mit den Worten: „Das kalte Herz“.

Dafür, dass Frieden auch von Anfang an den CA (und damit die Kirche) entmachten wollte, spricht, dass in die Planung der neuen Struktur nur jene Mitglieder des Krisenkomitees eingeweiht waren, die nicht zum CA der Caritas gehörten. Der „Rettungsplan“ wurde danach dem CA der Caritas und der Kirche unterbreitet nach dem Motto: Friss oder stirb.

Am Freitag 13. September stellte dann eine Gruppe von Privatpersonen rund um die Beraterfirma PWC per Communiqué eine neue Organisation vor, die die Aktivitäten der Caritas (zum Teil) übernehmen würde und die den Angestellten, ein Angebot machen würde, für sie zu arbeiten. Die Organisation würde HUT (Hëllef um Terrain) heißen und keinerlei Beziehungen zur Caritas unterhalten.

Das Ergebnis

Caritas, die größte, in der Sozialpolitik engagierte Organisation Luxemburgs, wird in einer Rekordzeit und mitten im Sommerloch zerschlagen. Eine über ein Jahrhundert aufgebaute Expertise und das „christliche Gewissen“ Luxemburgs gehen damit verloren. Und die wichtigste – und gerade weil sie Teil des CSV-Apparates war – legitimste Stimme der Armen und Schwachen wird verstummen. Diese war in der von Robert Urbé aufgebauten und von Carole Reckinger übernommenen Abteilung als „Plaidoyer politique“ organisiert gewesen. Mit ihren öffentlichen Stellungnahmen, dem jährlich herausgegebenen Sozialalmanach und dem seit zwei Jahren bestehenden Caritas-Forum stellte sie einen wichtigen Kontrapunkt in der öffentlichen Debatte dar, an dem sich auch CSV-Politiker reiben mussten.

Aber nicht nur die politische Arbeit wird in der neuen Struktur fallengelassen. Auch die internationalen Aktivitäten der Caritas (d. h. die humanitären und Entwicklungshilfeprojekte) wurden geopfert, obwohl kein technisches Argument gegen ihre Fortsetzung gesprochen hätte. In Laos und Südsudan stehen morgen weitere 70 Menschen und Hunderte Schutzbefohlene auf der Straße und wissen nicht, wovon sie sich ernähren sollen. Die luxemburgische Regierung bzw. der Premierminister, der nach eigenen Angaben die gesamte Aktion beaufsichtigt hat, hat hier eine enorme Brutalität an den Tag gelegt, die die betroffenen Menschen in Luxemburg und in den Partnerländern ins Ungewisse stürzt. Darüber hinaus hat die Maßnahme eine erschreckende Signalwirkung für alle unliebsamen Organisation der heimischen Entwicklungshilfe, die die Regierungspolitik kritisieren. Parallel arbeitet das Außenministerium übrigens seit Monaten an einer Gängelung der Sensibilisierungsaktivitäten der ONGD und des Cercle des ONGD.

Die Caritas, die die Entwicklung der letzten Wochen in völliger Apathie über sich hat ergehen lassen, äußerte in einem Communiqué letzten Samstag (14. September) zum ersten Mal ihre Opposition gegen den von der Regierung vorgeschriebenen Weg: „La Fondation Caritas Luxembourg […] déplore très fortement qu’aucun acteur ne soit intervenu pour permettre à nos équipes très motivées, compétentes et professionnelles, de continuer leurs activités pour ces bénéficiaires à l’échelle internationale.“ Es ist klar, dass mit „aucun acteur“ die Regierung und insbes. der Premierminister gemeint ist, vielleicht aber auch der Erzbischof.

An die Stelle der Caritas tritt ein Dienstleister ohne sozialpolitischen Anspruch und Verankerung. Er wird geleitet von einem „Freundeskreis“ von Menschen, die sich insbesondere durch ihre Nähe zu Luc Frieden und PWC auszeichnen und dabei ausschließlich die Diversität des luxemburgischen Finanzplatzes widerspiegeln.

Der Dienstleister, der sich als ASBL konstituieren will (warum eigentlich? Ein Etablissement public wäre unter den gegebenen Umständen angebrachter gewesen) und in dem Auditeure, Financiers, Anwälte und Buchhalter als Gründungsmitglieder auftreten, jedoch niemand aus dem Sozialsektor, wird nach Aussage des Premierministers rein gar nichts mehr mit der alten Caritas (und ihren Werten) zu tun haben.

Die völlig verunsicherte luxemburgische Kirche ist womöglich sogar froh, dass ihr jemand die Verantwortung für den ganzen Sozialbereich abnimmt (und wo kein Kläger, da kein Richter). Doch die Mitarbeiter werden das anders sehen. Diesen wurde jedoch von Anfang an aufgetragen, nicht mit der Presse oder sonst wie zu kommunizieren. Eine öffentliche Diskussion würde die Rettungsarbeit erschweren und die Schicksale von Tausenden Schutzbefohlenen, die von der Weiterführung der Sozialdienste abhängen, gefährden. Und wie üblich in solchen Situationen, wo alle sich auch um ihre individuellen Arbeitsplätze sorgen, kommunizieren die Angestellten auch untereinander nicht. Jeder hofft, dass die Dinge für ihn persönlich glimpflich verlaufen.

Die Angestellten der Caritas werden sich auch in Zukunft ruhig verhalten, denn die neue Organisation hat es abgelehnt, die alten Arbeitsverträge zu übernehmen (obwohl ein Transfert d’entreprise eine elegante und billige Lösung gewesen wäre). Stattdessen soll mit jedem und jeder einzelnen die Bedingungen wie Ancienneté, Kündigungsfristen etc. neu verhandelt werden. Geht das durch, werden die Gewerkschaften ihre liebe Not haben, unter den Caritas-Angestellten Ansprechpartner zu finden, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln.

Nebenbei wird die Aushandlung der rund 350 Verträge eine wahre Gelddruckmaschine für das beauftragte HR-Unternehmen darstellen. Man kann aus Gründen der Gouvernance nur hoffen, dass nicht PWC diese Firma aussuchen darf (oder der Einfachheit halber sich diese Arbeit gleich selbst zuschustert).

Die Kosten für die sicherlich gutmeinenden Gründungsmitglieder sind „Peanuts“, denn die neue Organisation braucht nur einen Fonds de roulement von ein paar Millionen Euro, um danach neue Konventionen mit dem Staat und den Gemeinden auszuhandeln. Wenn man sich die Liste der Gründungsmitglieder anschaut, darf man noch dazu davon ausgehen, dass die beiden Stiftungen, die darunter sind (Chomé und La Luxembourgeoise), für die liquiden Mittel herhalten müssen, während die Einzelpersonen im Zweifel nur ihren Namen hergeben. HUT wird auch nicht viele Eigenmittel brauchen, denn ihr erklärtes Ziel ist es ja, ausschließlich Sozialhilfe im Auftrag des Staats und der Gemeinden zu leisten, die über Konventionen aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden wird. Eine kirchliche Initiative wäre daher durchaus machbar gewesen.

Noch bevor die ASBL gegründet wurde, geschweige denn die erste Sitzung der Gründungsmitglieder stattgefunden hat, hat die Interessengemeinschaft mit Namen HUT mitgeteilt, wer die Mitglieder des CA der neuen Organisation sein werden. Auch diese Ankündigung zeugt von einem sehr pragmatischen Verständnis von Gouvernance, denn das Leitungsgremium (CA) müsste im Grunde genommen erst einmal von den Mitgliedern gewählt werden.

Die Kirche gibt ihren karitativen Auftrag und ihr sozialpolitisches Engagement auf. Nichts hätte dagegen gesprochen, die gleiche „Rettungsaktion“ im Rahmen der Kirche und mit den aus dem katholischen Milieu stammenden, völlig unbelasteten Mitgliedern des CA der Caritas durchzuführen. Der Premierminister hat diesen Weg jedoch von Anfang an ausgeschlossen und die Kirche hat sich nicht gewehrt. Die weltliche Arbeit mit Bedürftigen und Ausgeschlossenen, die mit dem Wort Caritas gemeint ist, wurde ihr offenbar am Ende zu mühsam, wie Bernhard Thomas in einem Beitrag im Lëtzebuerger Land vom 13. September anhand von mehreren Zitaten des Generalvikars nachweist. Dass die Kirche eine OPA (Offre public d’achat/ Übernahmeangebot) auf ihr weltliches Engagement zugelassen hat, bleibt trotzdem erklärungsbedürftig (siehe auch den Fräie Micro von Michel Pauly auf 100komma7 am 19. September). Man darf gespannt sein, ob Papst Franziskus dem luxemburgischen Bistum bei seinem Besuch nächste Woche das Fallenlassen des diakonischen Auftrages und die Abkehr von der katholischen Soziallehre vorhalten wird.

Fazit

Die Krise bei der Caritas musste gelöst werden, doch die Art und Weise wie das geschah, lässt vermuten, dass Premierminister Luc Frieden die Gelegenheit nutzt, um einerseits eine offene Rechnung mit der Caritas zu begleichen und um andererseits die Sozialhilfe in Luxemburg neu zu strukturieren.

Und wer die ganze Geschichte immer noch nicht versteht, sollte hinter dem Baum auch einmal auf den Wald blicken. Der Betrug brauchte nach Ansicht des Premierministers schnell einen klaren Schuldigen, den er auch sofort identifizieren konnte: Nicht Opfer, sondern Täter, sei die schlecht verwaltete und schlecht beaufsichtigte Caritas. Mit diesen von ihm als Dilettanten diffamierten Gutmenschen wird der Staat nie wieder zusammenarbeiten! Und wenn das Framing, wonach die Caritas und ihre Gouvernance das Desaster zu verschulden haben, greift, gehen die Fragen nicht weiter, so wohl die Hoffnung von Luc Frieden. Dann fällt womöglich nicht ins Auge, dass der Betrug auf Seiten der Caritas stattgefunden hat, aber der Skandal auf Seiten der Banken.

18. September 2024

Michel Pauly
Albert Kalmes
Pierre Lorang
Theo Péporté
Viviane Thill
Jean-Marie Weber
Raymond Weber

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Quellen