Luxemburg stoppt Prüfung von 825 syrischen Asylanträgen

Das Ministerium will die Sicherheitslage in Syrien neu bewerten. Solange fallen keine Entscheidungen über Asylanträge

Syrische Asylbewerber sollen weiterhin Zugang zu Aufnahmestrukturen haben. Foto: dpa

POLITIK / FLORIAN JAVEL, Luxemburger Wort 11 Dezember 2024

Nach dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad in Syrien hat das Luxemburger Innenministerium am Dienstag in einem Presseschreiben angekündigt, die Prüfung syrischer Asylanträge momentan zu stoppen. Von der Entscheidung sind aktuell 825 Asylbewerber aus Syrien betroffen, die in Luxemburg einen Schutzstatus beantragt haben.

Das Ministerium betont, dass es sich nur um eine zeitlich begrenzte Maßnahme handelt. In der Zwischenzeit wolle man gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedstaaten die neue geopolitische Lage in Syrien neu evaluieren. Es sei zudem wichtig zu beobachten, wie sich die Menschenrechtslage im Land unter dem neuen Regime verändern werde.

Syrische Asylbewerber sollen dennoch weiterhin Zugang zu Aufnahmestrukturen haben und von Sach- und administrativen Leistungen profitieren. Syrische Geflüchtete können zudem weiterhin Asyl beantragen – auch in der Zeit, in der die Prüfung von Asylanträgen ausgesetzt wird.

Wie lange der temporäre Zustand andauern soll, kann Innenminister Léon Gloden aktuell noch nicht sagen, meinte er am Dienstagnachmittag bei einer Fragestunde in der Chamber. Das hänge damit zusammen, dass aktuell noch unklar sei, wie sich die politische Lage in Syrien entwickeln werde.

Neben den Asylbewerbern stellt sich auch die Frage, inwiefern asylberechtigte Syrer in Luxemburg gezwungen werden könnten, das Großherzogtum zu verlassen, wenn sich die Lage in ihrem Heimatland bessert. „Wir haben keinen Grund Menschen zurückzuführen, wenn sie hier integriert sind, arbeiten und ihre Kinder hier in die Schule gehen“, meint Gloden. Zwar sehe dies die Genfer Flüchtlingskonvention vor, doch das sei „nicht der Plan“ der Luxemburger Regierung.

Österreich will „Abschiebeplan“ entwickeln

Mit dem Schritt, Asylentscheidungen auszusetzen, ist Luxemburg nicht allein. Auch Deutschland hatte bereits zuvor selbiges angekündigt. Ebenso Norwegen, Dänemark oder noch Frankreich. Österreich folgte nach und kündigte sogar einen Abschiebeplan für syrische Flüchtlinge an. Der österreichische Innenminister Gerhard Karner soll sein Ministerium damit beauftragt haben, ein „geordnetes Rückführungs- und Abschiebe- Programm nach Syrien vorzubereiten“.

Bei vielen syrischen Geflüchteten herrscht nun Euphorie über den Machtwechsel in ihrem Heimatland – auch in Luxemburg.

Eine syrische Frau, die 2015 nach Luxemburg geflüchtet war, und nicht namentlich genannt werden möchte, sagt dem „Luxemburger Wort“ gegenüber, „wir wissen nicht, was kommt, aber solange es ein Neuanfang ist, sind wir voller Hoffnung“. 2015 sei die größte Flüchtlingswelle in Europa gewesen, nun sei die Syrerin aber überzeugt, dass

Europa 2025 die größte Welle an Syrien-Rückkehrern erleben würde. Dabei warnt unter anderem die EU-Kommission vor allzu großen Hoffnungen auf schnelle und unproblematische Rückkehrmöglichkeiten für Flüchtlinge nach Syrien. Die Bedingungen für eine sichere und würdevolle Rückkehr nach Syrien seien nach derzeitiger Einschätzung momentan nicht gegeben, sagte ein Sprecher in Brüssel. Mit dieser Linie sei man sich einig mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR). Die aktuelle Lage sei von großer Hoffnung, aber auch von großer Unsicherheit geprägt. Es werde an jedem Einzelnen und an jeder Familie sein, zu entscheiden, was sie tun möchte. Der Sprecher machte damit auch deutlich, dass es aus Sicht der Kommission bis auf Weiteres keine Abschiebungen geben sollte.

Hoffnung und Sorgen

Roland Schönbauer, ein Sprecher des UNHCR in Jordanien, wo sich das größte syrische Flüchtlingslager der Welt befindet, kommentierte gegenüber der „Luxembourg Times“, dass syrische Geflüchtete in Flüchtlingslagern aktuell „sowohl Hoffnungen als auch Sorgen angesichts der vielen Ungewissheiten“ äußern. Viele würden erstmal abwarten wollen und verfolgen die Lage sehr genau. „Es ist wichtig, dass man ihnen die Gelegenheit und Zeit gibt, sich selbst ein Bild zu machen von der Lage vor Ort.“

In seine Heimat zurückkehren zu können, sei ein Menschenrecht, so Schönbauer. Der UNHCR sei bereit, „mit allen Akteuren zusammenzuarbeiten, um Hindernissen für eine freiwillige Rückkehr in Sicherheit und Würde zu begegnen“. mit dpa