Menschenrechtskommission wirft Regierung „repressiven Trend“ vor
Die Regierung will aggressives Betteln unter Strafe stellen. Die CCDH hat aber deutliche Bedenken am Gesetzesentwurf.
Die Regierung will aggressives Betteln unter Strafe stellen. Der Gesetzesentwurf 8418 sieht zwar einerseits vor, alle Formen des einfachen Bettelns aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, dafür aber das Konzept des sogenannten „aggressiven Bettelns“ einzuführen. Auf diesem sollen Geldbußen von 251 bis 3.000 Euro oder eine Gefängnisstrafe von 15 Tagen bis zu zwei Jahren stehen.
Kritik daran gibt es von der beratenden Menschenrechtskommission (CCDH), die am Freitag ihre Bedenken äußerte. Hauptkritikpunkt: Es fehle an einer klaren Definition, was überhaupt unter „aggressivem Betteln“ zu verstehen ist. „Es werden lediglich einige Beispiele genannt, zum Beispiel, wenn eine Person einen Durchgang blockiert oder wenn sie beim Betteln eine andere Person anschreit, es gibt aber noch viele Unklarheiten“, kritisiert Charlotte Brouxel, Juristin beim CCDH.
Keine klare Definition von aggressivem Betteln
Dass ein Bettler lediglich als unbequem empfunden werde, reiche für eine rechtliche Strafe nicht aus. Die fehlende Definition dessen, was als aggressiv gewertet werden kann und was nicht, lasse viel Spielraum für Interpretationen. „Das Strafrecht muss aber klar sein“, fordert Brouxel und warnt vor willkürlichen Entscheidungen.
Darüber hinaus stellt die CCHD die allgemeine Notwendigkeit des Gesetzesprojekts infrage. „Das Projekt präzisiert nicht, was überhaupt das Ziel ist oder warum es nötig ist, einen neuen Strafbestand einzuführen“, so die Juristin. Zudem gebe es bereits heute Sanktionen für ähnliches Verhalten wie das aggressive Betteln. „Es ist unklar, warum eine explizite Referenz auf das Betteln nötig ist, wenn es bereits jetzt Sanktionen gibt, die das Verhalten, das hier beschrieben wird, bestrafen können“.
Auch kritisiert die Menschenrechtskommission die Disproportionalität der Strafen, mit Bußgeldern von bis zu 3.000 Euro und einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren. „Menschen, die sich in einem alltäglichen Kampf ums Überleben befinden, können eine solche Geldstrafe nicht bezahlen“, so die Kritik des CCDH. Dies könne dann in einer Haftstrafe enden. Auch die maximale Länge einer Haftstrafe von zwei Jahren hält die Kommission für überzogen.
Weiterer Entwurf sorgt für Kritik
„Dieses Projekt ist leider Teil eines repressiven Trends der Regierung“, so Noémie Sadler, die seit einem Jahr Präsidentin des CCDH ist. Sie erhofft sich, dass die Regierung ihre Position nochmals überdenkt und zumindest darauf verzichtet, den Bestand des aggressiven Bettelns im Strafgesetzbuch zu verankern.
Kritik gab es am Freitag jedoch auch am Gesetzesprojekt 8429. Dieses könnte es Gemeinden nämlich ermöglichen, das Betteln auf kommunalem Niveau einzuschränken. „Wir warnen vor dem Risiko strenger Regeln auf Gemeindeebene, was einen Impakt auf die Menschenrechte haben könnte“, so Charlotte Brouxel. Solche Maßnahmen seien kontraproduktiv und würden lediglich dazu beitragen, das Betteln von einem Ort zu einem anderen zu verlagern. „Strenge Regeln auf Gemeindeniveau sind nicht die Lösung“, so die Schlussfolgerung der Menschenrechtskommission.