Zur Zeit leben 59 Personen in der „Structure d’hébergement d’urgence au Kirchberg“ (SHUK). Seit das Abschiebezentrum in der ehemaligen Messehalle 6 am 1. April in Betrieb genommen wurde, waren es 239.
Bis Anfang des Jahres befand sich in dem Gebäude noch eine Erstaufnahmestruktur für Flüchtlinge. Nach deren Auszug wurde die Halle saniert und neu eingerichtet. Das SHUK ist in vier Blöcke mit vier, respektiv fünf Zelten unterteilt und bietet bei voller Auslastung Platz für 216 Personen. Es ist als halb offene Struktur konzipiert. Die Bewohner können die Unterkunft tagsüber verlassen, zwischen 20 und 8 Uhr müssen sie allerdings anwesend sein. Eingesperrt werden sie nicht.
113 Personen auf Abwegen
Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass immer wieder einige Insassen verschwinden und abtauchen. Seit April sind 113 Personen verschwunden, 37 waren trotz Vorladung erst gar nicht vorstellig geworden. „Diejenigen, die nicht erscheinen oder diejenigen, die das Zentrum verlassen und nicht mehr zurückkommen, werden unverzüglich bei der Polizei gemeldet“, erklärte Außen- und Immigrationsminister Jean Asselborn gestern bei der Visite des Zentrums. Wenn die Polizei sie ausfindig machen kann, werden sie bis zur ihrer endgültigen Abschiebung in das „Centre de rétention“ gebracht, weil sie sich illegal im Land aufhalten.
Das SHUK ist als Unterkunft für Asylbewerber gedacht, die keine Chance haben, als Flüchtling anerkannt zu werden und daher möglichst schnell in ihre Heimatländer, oder, wenn es sich um so genannte Dubliner handelt, in die europäischen Länder zurückgeschickt werden müssen, in denen sie ihren ersten Asylantrag gestellt hatten.
Eine solche Struktur war notwendig geworden, nachdem sich die Regierung Anfang des Jahres dazu entschlossen hatte, das im Asylgesetz vorgesehene Eilverfahren, die so genannte „procédure ultra-accélérée“, konsequent anzuwenden. Hintergrund war u. a. der stetig steigende Zustrom von Asylbewerbern, die unter das Dublin-III-Abkommen fallen, das heißt, die bereits zuvor in einem anderem EU-Land um Asyl gebeten hatten und für die die luxemburgische Immigrationsbehörde daher nicht zuständig ist. Visiert sind aber auch Antragsteller aus sicheren Herkunftsländern, etwa aus den Balkanstaaten. Im Durchschnitt verbringen die Betroffenen 31 Tage im SHUK, bevor sie abgeschoben werden.
Dass die Struktur in den Messehallen weiter gebraucht wird, geht auch aus den neusten Flüchtlingszahlen hervor, die Minister Asselborn gestern bekannt gab. Längst überwiegen nämlich wieder die Antragsteller aus den Balkanstaaten oder aus anderen sicheren Herkunftsländern. Im Juni wurden gerade noch 15 Flüchtlinge aus Syrien bei der Immigrationsbehörde vorstellig. Jeweils zwei Personen aus dem Irak und aus Afghanistan haben einen Asylantrag gestellt. Zum Vergleich: Im vergangenen Monat wurden 18 Albaner, 15 Serben, 13 Tunesier und elf Marokkaner registriert. Über das ganze Jahr gesehen, stellen die Syrer mit 200 Anträgen (16,5 Prozent) aber weiter die größte Flüchtlingsgruppe.
Insgesamt kamen im Juni 143 Flüchtlinge nach Luxemburg, 56 weniger als im Mai. Seit Jahresanfang beziffert sich die Zahl der Asylbewerber auf 1 211. Damit bleibt die Zahl der Flüchtlinge in Luxemburg weiter hoch. Im vergangenen Jahr waren insgesamt 2 035 Anträge eingegangen.
1 848 Entscheidungen seit Januar
Wie Minister Asselborn betonte, konnte die Immigrationsbehörde die Anträge der Syrer mittlerweile größtenteils abarbeiten. Nur noch 331 Dossiers sind anhängig. Insgesamt ist die Zahl der Entscheide in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Seit Januar fielen 1 848 Entscheidungen: 478 Personen (25,7 Prozent) wurden als Flüchtlinge anerkannt, 351 Antragstellern wurde das Flüchtlingsstatut verweigert. Weitere 861 Personen fielen unter das Dublin-III-Abkommen. 251 so genannte Dubliner wurden in die zuständigen Länder überführt. Im Gegenzug musste Luxemburg seit Januar 32 Dubliner aufnehmen.
Es werden aber nicht nur Asylbewerber, die unter das Dublin-Abkommen fallen, ausgewiesen. Seit Januar mussten weitere 246 Personen das Land verlassen, weil ihrem Asylantrag nicht stattgegeben worden war. Die breite Mehrheit stammt aus den Balkanländern: 77 Kosovaren, 42 Bürger aus Bosnien-Herzegowina, 42 Albaner und 25 Serben. 202 Betroffene verließen das Großherzogtum auf freiwilliger Basis, 44 mussten zur Rückkehr in ihre Heimatländer gezwungen werden.