Sie sprechen Luxemburgisch, plaudern gerne und finden Gefallen daran, Kontakte zu knüpfen und neue Kulturen kennenzulernen? Sie fühlen sich wegen Covid zunehmend isoliert und brauchen dringend etwas Abwechslung? Dann ist das neue Sprachprojekt der „Association de soutien aux travailleurs immigrés“ (ASTI) genau das Richtige für Sie!
„Die beste Methode, um eine Sprache zu lernen, ist, sie, wirklich zu sprechen“, unterstreicht Laura Zuccoli, die Vorsitzende der Ausländerorganisation. Sprache vereinfache nicht nur die Integration, sondern biete auch eine gute Gelegenheit, Menschen miteinander in Verbindung zu bringen. Regelmäßig fördert die ASTI entsprechende Projekte, die es Migranten erlauben, über das Erlernen einer neuen Sprache Fuß im Großherzogtum zu fassen.
Das neueste Projekt aber richtet sich nicht nur an Migranten: Vielmehr werden damit auch Einheimische angesprochen, die entweder ihre Sprache vermitteln und zugezogenen Menschen das Land näher bringen oder sich selber im Umgang mit fremden Sprachen verbessern wollen. Im Gegenzug winken interessante Einsichten in andere Kulturen und möglicherweise auch Freundschaften, die ansonsten nie zustande gekommen wären.
Das neueste Projekt der ASTI zielt deshalb darauf ab, Menschen nach dem Vorbild sogenannter Sprachcafés zusammenzuführen. Gemeint damit sind lockere Treffen von Menschen, die gerne offen und unkompliziert Sprachen üben und andere Kulturen kennenlernen. Leider seien physische Treffen in Zeiten einer sanitären Krise nur schwer möglich, so Zuccoli. Deshalb habe man den Austausch ins Netz verlagert: „Wegen Covid kam uns die Idee, aufs Handy oder andere moderne Kommunikationsmittel zurückzugreifen“, sagt Zuccoli. Schließlich gebe es inzwischen gute Videochat-Programme, die auch diesen Austausch vereinfachen.
90 neue Sprachpaare
Konkret führt die Ausländerorganisation Menschen, die ihre Sprachkenntnisse verbessern wollen, mit Personen zusammen, die sich freiwillig bereitstellen, die eigene Sprache(n) mit Lernwilligen zu üben. „Die eine Person beherrscht Luxemburgisch, Französisch, Deutsch oder Englisch und die andere Person ist glücklich, die Sprache praktizieren zu dürfen“, fasst die ASTI-Vorsitzende das Konzept zusammen. Über ausgedehnte pädagogische Fähigkeiten bräuchten die sogenannten „Coaches“ nicht zu verfügen. „Es genügt, dass die Menschen die Sprache gut beherrschen“, so Zuccoli. Tatsächlich sollen bei den Treffen auch weniger pädagogische Sprachkenntnisse vermittelt, als vielmehr einfach nur über Gott und die Welt geplaudert werden.
Wer dennoch etwas Starthilfe benötigt, kann an einer kostenlosen zweistündigen Ausbildung teilnehmen. Dabei werden unter anderem grundlegende Kenntnisse der Sprachpraxis sowie mögliche Gesprächsthemen und Ratschläge zur Arbeit mit Menschen aus anderen Kulturkreisen vermittelt. „Auch ist beim ersten Gespräch immer einer von uns mit in der Leitung, um die Kontaktaufnahme zu vereinfachen und bei möglichen Fragen Rede und Antwort zu stehen“, erklärt Zuccoli.
Mehr als 200 Menschen haben seit November Interesse am Projekt angemeldet. Vier Kurse wurden abgehalten, mit jeweils mehr als 20 Teilnehmern. 90 „Sprachpaare“ seien auf diesem Weg bereits zustande gekommen. Mit außerordentlichem Erfolg: „Es gab nur drei Fälle, bei denen es nicht geklappt hat“, verrät die ASTI-Präsidentin. „Und das auch nur, weil das Sprachniveau einfach zu niedrig war. Ein gewisses Minimum ist Voraussetzung, damit man sich verständigen kann.“
Angeboten werden die vier Hauptsprachen des Landes: Luxemburgisch, Deutsch, Französisch und Englisch. „Das Projekt dürfte demnach auch für Luxemburger interessant sein. Für junge Menschen etwa, die ihr Französisch oder Englisch verbessern möchten“, sagt Zuccoli. Nicht selten seien Lernwillige auch bereit, die eigene Sprache als Coaches mit anderen Betroffenen zu üben. „Franzosen etwa, die ihren Umgang mit der englischen Sprache verbessern möchten und im Gegenzug mit anderen Betroffenen Französisch sprechen“, erklärt die ASTI-Vorsitzende.
Die Teilnehmer sind so vielfältig wie die Bevölkerung Luxemburgs. Von jung bis alt, von Studenten über Bankangestellte, Arbeiter oder Manager bis hin zu Ruheständlern seien sämtliche sozialen Schichten vertreten. „Schön ist, dass die Menschen, die über diesen Weg zusammenfinden, nicht nur Sprachen üben, sondern auch ihren Horizont erweitern können“, freut sich Zuccoli. „Teilnehmer lernen neue Menschen und Kulturen kennen, sie entdecken Luxemburg oder erhalten die Möglichkeit, anderen Personen das Land näherzubringen. Die Möglichkeiten sind grenzenlos-“
Ob per Telefon, Tablet, Laptop oder PC – das überlasse man den Pärchen. Flexibilität wird nämlich großgeschrieben. „Treffen“ sollen sich die Übungspaare, wenn es ihnen am besten passt. Sollte mal etwas dazwischen kommen, lässt sich die Plauderstunde auch leicht verschieben. Vorgeschlagen wird eine Kontaktaufnahme die Woche, optimal seien 45 Minuten. „Dabei kann man über alle möglichen Themen reden. Und wenn man keine Lust mehr hat, hört man einfach auf“, erklärt Zuccoli.
Natürlich empfehle man den Teilnehmern, aus Sicherheitsgründen zunächst nur über die Kommunikationsmittel miteinander zu plaudern. Ansonsten aber gelten keine Vorschriften: „Wer später mehr daraus machen möchte, kann das gerne tun“, sagt Zuccoli. In anderen Worten: „Wenn das Wetter wieder besser wird, kann man sich gerne auch mal im Freien treffen. Das ist den Teilnehmern natürlich freigestellt.“
Freundschaften
ausdrücklich erwünscht
Positiv ist auch der Umstand, dass das Projekt nichts kostet. Die ASTI setzt auf die Unterstützung Freiwilliger, die sich gerne mit anderen Menschen austauschen. So trage jeder für sich einen Gewinn davon. Außerdem fördere dieses Prinzip die Freundschaften, so Zuccoli: „Lernwillige sind dankbar, dass Coaches sich Zeit für sie nehmen. Und Coaches freuen sich über den Austausch. So entsteht eine menschliche Verbindung, die bei Zahlung eines Beitrages vielleicht nicht entstanden wäre.“ Auf diesem Weg könnten richtige Freundschaften entstehen.
Der bisherige Erfolg des Projektes gibt den Initiatoren recht. Mit mehr als 200 Teilnehmern in drei Monaten kann sich die Vereinigung nicht über fehlendes Interesse beklagen. Einen Haken gibt es dennoch: Es fehlen Luxemburger Plaudertaschen. In allen anderen Sprachen verfüge man über ausreichend Coaches. „Wir haben viele Interessenten, die Luxemburgisch üben wollen, doch nur wenig Personen, die Luxemburgisch sprechen“, bedauert Zuccoli. Avis aux amateurs, also!
So hoffen die Organisatoren auf Interessenten, die bereit wären, mit anderen Lernwilligen Luxemburgisch zu üben. „Das Projekt könnte vor allem ältere Menschen ansprechen. Für sie ist es eine gute Gelegenheit, während der Pandemie aus ihrer Isolation auszubrechen und mit Menschen Kontakt zu haben, die nicht unbedingt zum engeren Familienkreis zählen.“ Über Telefon bestehe auch kein Risiko, sich mit Covid-19 anzustecken. „Man muss nur Lust haben, mit Menschen zu plaudern, und die Kommunikationsmittel bedienen können“, sagt die Präsidentin der ASTI. „Darüber hinaus ist es ein schönes, vielversprechendes Projekt. Die Teilnehmer sind äußerst motiviert, das Echo ist durchwegs positiv. Wir würden uns auf jeden Fall noch über weitere Zusagen freuen.“
Leser, die Interesse daran haben, Luxemburgisch mit Personen zu sprechen, die die Sprache erlernen wollen, können sich ohne Weiteres bei der ASTI melden (Tel.: 43 83 33-1). Mehr Informationen finden Sie auf www.asti.lu.
Die beste Methode, um eine Sprache zu lernen, ist, sie wirklich zu sprechen
Laura Zuccoli
Theorie ist gut, Praxis ist besser: Luxemburgisch lernt man am besten im alltäglichen Gebrauch.
Genau daran fehlt es vielen Lernwilligen.
Mehr als 200 Teilnehmer haben seit November Interesse am Projekt angemeldet