Flüchtlinge: Aufnahme, Unterbringung und Betreuung werden im Immigrationsministerium gebündelt
Der Zustrom der Asylbewerber reißt nicht ab. Nach der Flüchtlingswelle von 2015 hat sich die Zahl der Schutzsuchen auf hohem Niveau eingependelt. Zwischen 2014 und 2015 hatte sich die Zahl mehr als verdoppelt und war von 1 091 auf 2 447 gestiegen. In den darauffolgenden Jahren kamen jeweils mehr als 2 000 Asylbewerber nach Luxemburg. 2018 zählte die Immigrationsbehörde 2 205 Anträge. Die Statistiken vom Januar dieses Jahres zeigen in die gleiche Richtung.
Die Regierung sah sich deshalb zu organisatorischen Anpassungen gezwungen. Bislang waren die Zuständigkeiten in der Flüchtlingspolitik auf zwei Ressorts verteilt. Das Immigrationsministerium war für die Registrierung und die Bearbeitung der Anträge zuständig, während die Betreuung, die Unterbringung und die Integration unter die Verantwortung des Familien- und Integrationsministeriums fiel.
Wechsel der Zuständigkeiten
Das soll sich nun ändern. Um den Flüchtlingen das Leben zu erleichtern, sollen sie während des gesamten Asylverfahrens nur noch einen Ansprechpartner haben. Deshalb wechselt das Office luxembourgeois de l’accueil et de l’intégration (OLAI) vom Integrationsressort in den Kompetenzbereich des Immigrationsministeriums. Gleichzeitig erhält die Behörde einen neuen Namen: Aus dem OLAI wird das ONA (Office national de l’accueil). Der entsprechende Text, mit dem das Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2008 angepasst werden soll, liegt seit dem 29. Januar vor. Wenn alles kappt, wird das Gesetz bereits zum 1. Mai in Kraft treten.
Weil sowohl die DP als auch die LSAP und die Grünen in der Flüchtlingsfrage die Bündelung der Kompetenzen in ihren Wahlprogrammen festgehalten hatten, fand die Idee schließlich ihren Niederschlag im Regierungsprogramm. Damit ist die Koalition dem Wunsch der Hilfsorganisationen, vor allem aber des Flüchtlingsrats nachgekommen, der seit langem eine Zusammenlegung der Zuständigkeiten gefordert hatte.
Nicht nur Asylbewerber
Für Integrationsministerin Corinne Cahen (DP) spricht aber ein weiteres Argument für die Reorganisation: „Bei der Integration geht es sicherlich um die Flüchtlinge, aber nicht nur. Es geht um die gesellschaftliche Eingliederung der Zuwanderer ganz allgemein. Jedes Jahr kommen etwa 10 000 Menschen nach Luxemburg, auch sie müssen integriert werden.“ Weil in den vergangenen Jahren die Asylbewerber immer mehr in den Vordergrund drängten, sei der Gesamtbereich der Integration etwas zu kurz gekommen, so Cahen weiter.
Das neue Gesetz ändert aber nichts an der angespannten Lage bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Zwar reicht die Zahl der Betten im Moment noch aus. Doch die Lage spitzt sich zu. In den Strukturen leben nämlich viele Menschen, die längst als Flüchtling anerkannt sind und folglich die Unterkunft verlassen könnten. Allerdings scheitert der Versuch, auf eigenen Beinen zu stehen, all zu oft an der Wohnungsmisere in Luxemburg. Viele anerkannte Flüchtlinge finden keine bezahlbare Wohnung und sind daher gezwungen, weiter in der Flüchtlingsunterkunft zu leben. Immigrationsminister Jean Asselborn (LSAP) geht davon aus, dass knapp die Hälfte der Bewohner bereits das Statut haben. Pro Jahr verlassen nur etwa 1 000 Personen die Flüchtlingsunterkünfte, betont der Immigrationsminister weiter.
Die Situation wird noch durch die Tatsache verschärft, dass nicht jeder Asylbewerber, dessen Antrag abgelehnt wurde, sofort in seine Heimat zurückgeschickt wird, oder werden kann. Wegen der angespannten Sicherheitslage werden beispielsweise keine abgelehnten Asylbewerber in den Irak oder nach Afghanistan zurückgeschickt. „Wir brauchen unbedingt zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten“, gesteht Asselborn. Der Minister sucht in den kommenden Monaten deshalb das Gespräch mit den Gemeinden, denn ohne die Kommunen ist das Problem nicht in den Griff zu bekommen. DS
Luxemburger Wort 11 März 2019